Aristide Maillol studierte Malerei und war als Bildhauer Autodidakt. Die zentralen Bezugspunkte seiner künstlerischen Arbeit können mit den Begriffen ‚Idee‘ und ‚Natur‘ bezeichnet werden. Mit ‚Idee‘ verband der Künstler die Konzeption einer Komposition, mit ‚Natur‘ ihre materielle Körperform. Die Bronze Le coureur cycliste entstand im Auftrag Harry Graf Kesslers. Kessler hatte Maillol Ende 1907 um eine Darstellung des Narziss gebeten (ein Jüngling aus der griechischen Mythologie, der sich in das eigene Spiegelbild verliebt und darüber stirbt) und ein Modell vermittelt, das seinen eigenen Vorstellungen entsprach – den jungen Pariser Jockey und Radrennfahrer Gaston Colin, zu dem Kessler freundschaftliche Beziehungen pflegte. Die Arbeit an der Figur zog sich lange hin, erst Anfang 1909 entstand der Guss. Maillol war mit dem Ergebnis nicht zufrieden und meinte, er sei der Natur zu wörtlich gefolgt; der Bildhauer hatte zuvor noch nie nach männlichen Modellen gearbeitet. Im Vergleich mit den nach weiblichen Modellen entstandenen Skulpturen Maillols erscheint hier die Darstellung des Körpers behutsamer und weniger stilisiert. Das für den Bildhauer untypische Werk stieß auch bei Karl Ernst Osthaus auf großes Interesse. Er erwarb den zweiten, ebenfalls im Wachsausschmelzverfahren hergestellten Guss; die weiteren fünf Exemplare dieser Plastik wurden im Sandgussverfahren ausgeführt.