Die Serie der Berliner Straßenszenen, in den Jahren von 1913 bis 1915 entstanden, gehört zu den bedeutendsten Werkgruppen des Künstlers. Neben zahlreichen Zeichnungen, Aquarellen und Pastellen sind es vor allem die Gemälde, in denen der Künstler das hektische Nachtleben der Metropole am Vorabend des Ersten Weltkrieges darstellt. Detaillierter als in anderen motivgleichen Bildern hält Kirchner das nächtliche Treiben in der Leipziger Straße fest, einem mondänen Berliner Boulevard. Straßenbahn, Straßenlaternen, Neonreklame und Passanten unter von Geschäften belebten Arkaden vermitteln das nervöse Tempo einer modernen Großstadt. Auf der rechten Seite sind im Vordergrund zwei herausgeputzte Damen – in Kirchners Straßenbildern handelt es sich dabei meistens um Kokotten – und zwei elegant gekleidete, hohe Hüte tragende Männer zu sehen, die ihnen nachgehen. In der Mitte drängt eine voll besetzte Straßenbahn der Linie 88 zwischen den beiden klassizistischen Wachhäusern des Leipziger Platzes nach vorne; links ziehen die weißen Lichtkegel der Straßenlaternen den Blick auf sich; im Hintergrund leuchtet das Rot einer Neonreklame auf; rechts kippt eine Fassade aus dem Bild: Alles geschieht gleichzeitig und fordert die unmittelbare Aufmerksamkeit des Betrachters.