Das Gemälde "Lot und seine Töchter" wurde von König Friedrich II. von Preußen (1712-1786) als ein vermeintliches Werk Raffaels erworben. Bereits zu Beginn seiner Sammeltätigkeit für die Bildergalerie war Friedrich bestrebt, Werke des Meisters anzukaufen, die als begehrte Sammlungsstücke jede Kollektion aufzuwerten vermochten. So beauftragte er 1756 den Kunsthändler Johann Ernst Gotzkowsky, zum Verkauf stehende Bilder Raffaels in Italien ausfindig zu machen. Im April 1760 wurde Friedrich II. vom Marquis d’Argens auf ein Gemälde aufmerksam gemacht, das dieser bei Gotzkowsky in Berlin gesehen hatte, als er im Auftrag des Königs dessen Sammlung besichtigte. Der Marquis berichtete Friedrich, dass er neben Werken Marattas, Ferris und Correggios eine besonders schöne Darstellung Raffaels bei dem Kunsthändler entdeckt habe, der es unter Einsatz von Bestechungsgeldern über die Alpen aus Rom nach Berlin hatte schmuggeln lassen. Anlass für diese Maßnahmen Gotzkowskys waren die verschärften Ausfuhrbestimmungen, die Papst Benedikt XVI. 1750 für den Verkauf von Kunstwerken aus Rom erlassen hatte. Friedrich II. ließ das Bild (mit passendem Rahmen) für 9.000 Taler ankaufen, vermutlich nachdem er einen Kupferstich gesehen hatte, den Gotzkowsky von Johann Martin Preisler nach dem Original hatte anfertigen lassen. In seiner Beschreibung des Gemäldes verglich d’Argens die Farbigkeit des Werkes mit Arbeiten Correggios, dessen Leda die gleiche "grandeur" habe wie das Gemälde Raffaels, womit er einen Vergleich der Schulen herausforderte, wie er ebenfalls in der Bildergalerie angestrebt wurde. Obwohl schnell Zweifel an der Echtheit des Bildes aufkamen – Johann Joachim Winckelmann vermutete schon 1763, dass es sich nicht um einen echten Raffael handele – wurde es 1763 in der Bildergalerie als Werk Raffaels gehängt und von Galerieinspektor Oesterreich in seinen Katalogen als solches ausführlich besprochen. Trotzdem begannen noch im selben Jahrhundert die Bestimmungen des Gemäldes an andere Künstler: Perino del Vaga, Frans Floris und Otto van Veen. Schließlich erfolgte im 20. Jahrhundert die Zuschreibung an den flämischen Maler Jacob (Jacques) de Backer (um 1540/45-vor 1600), dessen Arbeiten sich durch einen insbesondere am römischen und florentinischen Manierismus geprägten Stil auszeichnen, den er sich bei seinem um 1565/70 angenommenen Italienaufenthalt angeeignet hatte. Im Alten Testament wird beschrieben, wie Lot und seine Familie dazu auserkoren waren, als Einzige der Vernichtung der sündigen Stadt Sodom zu entgehen. Auf ihrer Flucht blickte sich Lots Ehefrau um und erstarrte zur Salzsäule, dargestellt rechts im Hintergrund. Im Vordergrund des Bildgeschehens sitzen Lot und seine Töchter. Nach ihrer Rettung aus Sodom sorgten sich die beiden, dass sie ohne Männer keine Nachkommen haben und ihr Stamm aussterben würde und beschlossen, den Vater mit Wein trunken zu machen und sich zu ihm zu legen (1. Mose 19,15–38). (Jana Glorius-Rüedi)