Daubentonia madagascariensis. Auch Aye-Aye. Madagaskar. Stopfpräparat. 1907.
Fingertiere, vom Aussterben bedrohte Primaten aus der Gruppe der Lemuren, werden nur
selten in Naturkundemuseen gezeigt, obwohl sie durch einige Besonderheiten hervorstechen.
FINGERFOOD
Fingertiere kommen ausschließlich auf Madagaskar vor; sie leben in Regen- und Laubwäldern, aber auch in Mangroven und dringen sogar in Plantagen ein. Wie ihre großen Augen verraten, sind sie nachtaktiv. Den Tag verbringen sie in eiförmigen Blattnestern hoch in den Baumkronen. Auffälligstes Merkmal sind ihre großen Hände und Füße mit extrem langen, krallenbewehrten Fingern und Zehen. Beim Klettern und Springen können die dünnen Finger zum Schutz eingerollt werden.
Als Allesfresser ernähren sich Fingertiere von Insekten und deren Larven, aber auch von Früchten, Pilzen und Nektar. Um an Bockkäferlarven zu gelangen, haben sie eine ausgeklügelte Jagdtechnik entwickelt: Mit ihrem langen Mittelfinger klopfen sie Baumstämme nach Hohlräumen ab und orten mit ihrem ausgezeichneten Gehör mögliche Beutetiere; dann nagen sie Löcher in die Rinde und angeln mit dem verlängerten dritten Finger nach den Larven. Eine Nickhaut – ein „drittes Augenlid“ – schützt ihre Augen beim Nagen vor fliegenden Holzspänen.
Ähnlich funktioniert das Knacken von Kokosnüssen: Zuerst wird die Frucht abgeklopft und festgestellt, wie viel Milch und Fruchtfleisch sie enthält. Um die harte Schale aufzunagen, braucht ein Fingertier nur zwei Minuten. Dann wird der lange Finger wie ein Löffel benutzt und rasch hin- und herbewegt, um Milch und Fruchtfleisch in den Mund zu befördern.
Fingertiere verständigen sich durch eine Reihe von Lauten. Auf der Flucht stoßen sie ein zweisilbiges „hai-hai“ aus, das ihnen den Namen Aye-Aye eingebracht hat. Bei den Bewohnern Madagaskars gelten sie – je nach Region und Kultur – entweder als böses Omen oder als Glücksbringer.