Die expressionistische Künstlervereinigung Brücke gab von 1906 bis 1912 für ihre Mitglieder Jahresmappen heraus, die programmatische Zeugnisse ihrer Druckgraphik bildeten. Das Kupferstichkabinett der Kunsthalle Bremen besitzt ein vollständiges Exemplar jeder Jahresmappe. Die fünfte Mappe von 1910 enthält drei Aktdarstellungen von Ernst Ludwig Kirchner, die thematisch auf seinen zweiten Sommeraufenthalt an den Moritzburger Seen nordwestlich von Dresden verweisen. Auf der Suche nach einem sinnlich befreiten Leben jenseits von bürgerlichen Konventionen verlegten Kirchner und Erich Heckel ihre Arbeit in die unberührte Natur. Der Farbholzschnitt Mit Schilf werfende Badende zeigt, wie sehr Kirchner dabei unter dem starken Einfluss der außereuropäischen Kunst stand: Die kantigen Figuren mit ihren schwarzen Haarmassen sind zu Hieroglyphen vereinfacht und verweisen in ihrer betonten Zweidimensionalität auf das Flachrelief eines Hausbalkens der Palau-Insulaner, den Kirchner in dem gerade wiedereröffneten Völkerkundemuseum in Dresden studiert hatte. Im Holzschnitt fanden die Mitglieder der Brücke ihre genuine druckgraphische Technik. Sie entsprach ihrem Wunsch nach ursprünglichem Ausdruck, erforderte sie doch eine kraftvoll-spontane, vor allem aber nicht korrigierbare Arbeitsweise.
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