Das im Jahre 1900 auf der Ausstellung der Berliner Secession gezeigte Bild der Tochter Monica (1893–1961) war unerwartet erfolgreich und bewog etliche Familien zu dem Wunsch, ihre Kinder ebenfalls von dieser Künstlerin malen zu lassen. Sabine Lepsius, die so anspruchs- und hoffnungsvoll ihre künstlerische Arbeit begonnen hatte (vgl. das Selbstbildnis von 1885, Nationalgalerie, NG 1/56), sah sich dadurch auf ein typisch weibliches Motivfeld zurückgeworfen. Sie benötigte jedoch die Einkünfte, um ihren anspruchsvollen Hausstand mit etlichen Kindern, Hauslehrern, aber auch vielen Gästen finanzieren zu können. Was hatte das Bild so erfolgreich werden lassen? Das etwa siebenjährige Mädchen sitzt betont ungezwungen auf einer Decke auf dem Boden, ohne Schuhe und Strümpfe, die Haare offen. Die gute Herkunft aber beweisen die Rokokokommode im Hintergrund, das feine Empirekleid, die Perlenkette am Fußgelenk, der goldene Armreif, die gezierte Haltung. Der modernen Lebensreform zugeneigte, wohlhabende Familien fühlten sich von diesem gemäßigt unkonventionellen Bilde, das auch pädagogische Reformideen widerspiegelte, angenehm überrascht. Auch mit einem zweiten Bild ihrer eigenen Kinder, der Tochter Sabine (1899–1982), Krokusse pflückend (1906, Verbleib unbekannt), war Sabine Lepsius besonders erfolgreich. Ludwig Justi, der mit dem Künstlerpaar Lepsius befreundet war, hatte nach eigener Aussage 1914 geschwankt, ob er »dieses oder das Monica-Bild für die Galerie erwerben sollte« (Justi an Sabine Lepsius, Brief vom 13.7.1942, Deutsches Literaturarchiv Marbach, zit. nach: A. Dorgerloh, Das Künstlerehepaar Lepsius, Berlin 2003, S. 202, Anm. 346). – Monica Lepsius heiratete später den Innenarchitekten John Berenberg und war lebenslang selbst als Malerin tätig. | Angelika Wesenberg
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