Kein Künstler des späten 19. und des frühen 20. Jahrhunderts griff das Mutter-Kind-Thema so konsequent auf wie Paula Modersohn- Becker. Im Jahr 1906 begann sie Mutter und Kind auch im Akt darzustellen und entwickelte damit für das traditionelle Motiv eine neue Ausdrucksform von kraftvoller Eindringlichkeit. Die Mutter hat schützend die Beine an ihr Kind gezogen und die Arme um seinen Kopf gelegt. Wesentliches Ausdrucksmittel ist die Konturlinie, mit der Paula Modersohn-Becker die nackten Körper unter Verzicht auf Details zu einer Bildformel reduzierte. Hier ging sie einmal mehr ihrem künstlerischen Ziel nach, „bei intimster Beobachtung die größte Einfachheit an[zu]streben“. Bei dem Blatt handelt es sich wahrscheinlich um die letzte von vier Zeichnungen, mit denen Paula Modersohn-Becker drei gemalte Versionen des Sujets vorbereitete. Zwei davon gelten als verschollen, eine befindet sich heute in den Kunstsammlungen Böttcherstraße in Bremen.