Das Kunsthaus Zürich besitzt eine der weltweit bedeutendsten Werkgruppen des Malers Edvard Munch. Sie geht zurück auf Schenkungen, besonders aber auf die Freundschaft des ehemaligen Museumsdirektors, Wilhelm Wartmann, mit dem norwegischen Maler. Schon zu Lebzeiten des Künstlers veranstaltete Wartmann zwei grosse Ausstellungen zu Munchs Werk.
Von 1885 an bis zu seiner endgültigen Rückkehr nach Norwegen 1909 lebte Munch in unterschiedlichen Städten Europas, phasenweise in Paris. In ihrer hellen, lockeren Malweise erscheint Musik auf der Karl Johan Strasse zunächst den Strassenbildern der französischen Impressionisten verwandt. Anders als Monet oder Manet interessiert sich Munch aber nicht in erster Linie für die pulsierende Dynamik einer anonymen Menschenmasse. Die rasante Perspektive führt von den ganz nahen, grossen Figuren zu der an die Häuser gedrängten Menge, wobei die Militärmusik eine merkwürdig leer wirkende Strasse hinterlässt. Munch erzeugt dadurch eine psychologische Spannung, die er wenige Jahre später im berühmten Bild Der Schrei ins Extreme steigern wird.
Die dominierenden Farbtöne liegen wie auf einer Palette als Flecke nebeneinander auf der unteren Strassenhälfte: helles Gelb, kühles Blau und Rot. Sandfarbenes Gelb überzieht das gesamte Bild mit einem kalten Licht und tritt stellenweise als leuchtender Akzent in der Häuserfassade hervor. Blau färbt die im Schatten liegenden Architekturpartien der rechten Strassenseite und den wolkenlosen Himmel. Alle Farben sind einer kalten Helligkeit untergeordnet, die den blechernen Ton der Blasinstrumente in die Atmosphäre überträgt. Nur der nachträglich in die untere Ecke gesetzte rote Schirm setzt einen farblichen Kontrapunkt. Scheinbar vom Geschehen ausgeschlossen, erscheint das Profil eines Knaben. Wie Munch später bemerkte, verarbeitete er hier eine Jugenderinnerung aus Osloer Tagen.