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Zeitungsartikel über Klaus Zwilsky

The Freehold Transcript1950-03-09

Jüdisches Museum Berlin

Jüdisches Museum Berlin
Berlin, Deutschland

Zeitungsartikel über Klaus Zwilsky (geb. 1932): »Zwilsky Family Happy In New Land After Nazi Persecution«, mit Foto von Klaus Zwilsky, gedruckt, in: The Freehold Transcript, englisch, 09.03.1950.

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  • Titel: Zeitungsartikel über Klaus Zwilsky
  • Ersteller: The Freehold Transcript
  • Datum: 1950-03-09
  • Ort: Freehold (New Jersey), USA
  • Abmessungen: 28 x 21,5 cm
  • Ausgangssprache: englisch
  • Herkunft: Schenkung von Klaus M. Zwilsky
  • Transkript:
    The Freehold Transcript, Freehold, New Jersey, Donnerstag, 9. März 1950 Familie Zwilsky ist glücklich in der neuen Heimat nach der Nazi-Verfolgung »Sie können hier einen Senator als Deppen bezeichnen, und Ihnen wird nichts passieren. In Deutschland kämen wir dafür lebenslang ins Gefängnis. Die Freiheit der Rede – sie beeindruckt mich am meisten an diesem Ihrem wundervollen Land.« Das sind die Worte von Klaus Zwilsky aus der Throckmorton Street 77 in Freehold, einem deutschen Juden, geboren und aufgewachsen in Nazideutschland, der mit seinen Eltern Erich und Ruth Zwilsky nach dem Krieg aus Berlin in die USA gekommen ist. Klaus, ein dunkler, stiller Bursche mit einem gewinnenden Lächeln, hat Freehold ins Herz geschlossen, ebenso wie Freehold – und ganz Amerika – ihn ins Herz geschlossen hat. Klaus Zwilsky, der gerade sein Abschlussjahr an der Freehold Highschool absolviert, wirkt älter, als er ist. Er hat Grauenvolles gesehen und erlebt, Dinge, von denen viele von uns nur gelesen haben, und er zeigt sich zutiefst dankbar dafür, wie wir Amerikaner ihn und seine Familie aufgenommen haben. Hier ist seine Geschichte. Klaus wurde vor 17 Jahren in Berlin geboren und lebte dort mit seiner Familie bis 1946. Sein Vater ist Pharmazeut und besaß eine eigene Apotheke. Das Leben der Zwilskys verlief reibungslos, bis Hitler an die Macht kam und der Zweite Weltkrieg begann. 1941 verschleppten die Nazis die Familie Zwilsky in ein Lager, in dem Juden, auf dem Weg in eines der berüchtigten Todeslager, in Massen zusammengepfercht wurden. Doch da Herr Zwilsky einer der wenigen verbliebenen Pharmazeuten in der Stadt war, wurde er freigelassen und erhielt den Befehl, in einem jüdischen Krankenhaus zu arbeiten. Klaus sagt, viele der Juden in dem Krankenhaus waren mit Christinnen verheiratet und entgingen deshalb der grausamen Verfolgung, der Millionen ihrer Brüder ausgeliefert waren. Zwangsarbeit Während Herr Zwilsky im Krankenhaus tätig war, musste Ruth Zwilsky 12 bis 14 Stunden täglich Zwangsarbeit in der Kriegsfabrik von Siemens leisten. Dreieinhalb Jahre lang konnte Klaus nicht zur Schule gehen – jüdischen Kindern war der Schulbesuch verboten, die jüdischen Schulen waren mit Kriegsbeginn geschlossen worden. Mit Hilfe seiner Eltern konnte sich Klaus aber das eine oder andere selbst beibringen. »Mein Vater ließ mich im Büro und im Garten arbeiten«, sagt er. »Er wollte nicht, dass ich herumlungerte. Oh, er hatte solches Glück, diesen Job zu bekommen. Hätte er das nicht, wären wir jetzt alle tot.« 1945 wurde Berlin von den Russen eingenommen. Die britischen und amerikanischen Flieger warfen ihre Bomben ab. Klaus sagt, alle Patienten wurden in den Keller gebracht. Bombe um Bombe fiel, »aber wir hatten immer noch Glück. Wir spürten, wie die Mauern bebten, und die Lichter gingen aus. Eine Bombe kam nicht einmal zehn Meter von mir entfernt herunter. Später erfuhren wir, dass wir am 26. April 1945 von den Nazis hätten getötet werden sollten – aber am 24. April kamen die Russen und retteten uns.« Nachdem Berlin gefallen war, »fingen wir an, das Krankenhaus neu aufzubauen, und mein Vater wurde der Direktor«, so fährt Klaus fort. »Ich ging wieder zur Schule. Aber meine Eltern wollten nicht in Deutschland bleiben. Sie sahen dort keine Zukunft, auch nicht für mich. Sie hassten die Nazis. Und das bedeutete, die meisten Deutschen, denn die sehr große Mehrheit der Deutschen hatte die Nazis bejubelt und unterstützt. Auch nach dem Krieg waren sie noch für die Nazis. Aber wir nicht. Ich weiß nicht, ob Sie sich das vorstellen können.« Die beiden Schwestern von Klaus’ Mutter und einer ihrer Brüder sowie Herrn Zwilskys drei Schwestern wurden in den schrecklichen Lagern von Dachau und Auschwitz getötet. Eine Schwester »Eine Schwester meiner Mutter, Frau Irma Goldstein, lebte in Lakewood, New Jersey«, berichtet Klaus weiter. »Durch einen amerikanischen Soldaten konnten wir mit ihr Kontakt aufnehmen, und sie traf für uns die Vorkehrungen für unsere Einreise nach Amerika. 1946 verließen wir Berlin. Wir hatten großes Glück. Wir waren die einzigen Juden, die bei einem Bustransport des Schwedischen Roten Kreuzes nach Schweden mitfahren konnten. Es waren nur 12 Leute in diesem Bus, und es war der einzige Transport dieser Art, der Deutsche aus Berlin herausbrachte. Wir hatten uns an das Schwedische Rote Kreuz gewandt, weil wir wussten, dort konnten wir unsere US-Visa bekommen. Zu der Zeit gab es kein Einreisekontingent für Deutschland in die USA. Aber Schweden hatte eines, und wir kamen mit dem schwedischen Kontingent für Deutsche herein«, fährt der junge Mann fort. Von Berlin aus reisten die Zwilskys nach Hamburg, einer deutschen Hafenstadt an der Nordsee; von dort nach Dänemark und weiter nach Schweden, wo sie zehn Tage lang in Mölle, einem der feinsten schwedischen Seebäder, in Quarantäne gehalten wurden. Klaus’ Eltern arbeiteten in Stockholm als Apotheker, und Klaus jobbte in einer Blusenfabrik, die dem Cousin seines Vaters gehörte, um das Geld für die Überfahrt nach Amerika aufzubringen. Die Nazis hatten ihnen alle Ersparnisse und Wertsachen genommen, sagt Klaus. Sechs Monate verbrachten sie in der schwedischen Hauptstadt, und im Januar 1947 reisten sie in die Staaten ein. Autos, Autos, Autos »Mein erster Eindruck von Ihrem Land«, erzählt der junge Mann, »waren Autos, Autos, Autos – und Lärm. Mein Onkel und meine Tante holten uns in New York ab, und auf dem Weg nach Lakewood kehrten wir zum Essen ein. Wir bestellten Bier, doch als der Kellner mich trinken sah, schnappte er es mir aus der Hand. Es war mir sehr peinlich, denn in Deutschland trinken auch Minderjährige Bier. Hier ist das anders.« Gleich am Tag nach seiner Ankunft ging Klaus in die Lakewood Highschool. »Alle waren dufte zu mir«, sagt er. » Die Klassenkameraden und die Lehrer haben mich von Anfang an akzeptiert, und alle wollten mir helfen.« Im Juni hatte Klaus sich schon genug Englisch angeeignet, um in der Schule mitzukommen, und er vertiefte sich in die amerikanische Geschichte, die ihn sehr interessiert: »Ich fühlte mich so unwissend. Schon immer wollte ich etwas über Amerika lernen, aber in Deutschland – in Deutschland erfuhr man gar nichts über Amerika, selbst wenn man es wollte.« Nicht nur die Freiheit, sagen zu können, was er will, weiß Klaus sehr zu schätzen. Er ist auch dankbar dafür, dass er alles lesen kann, was ihm gefällt, Radio hören, zur Schule gehen, auf seine Art beten. »Und nicht zuletzt«, sagt er, »gibt es hier keine Diskriminierung. Ich werde als gleichwertig behandelt.« Freundliches Freehold »Meine Familie und ich mögen Freehold. Alle meine Lehrer haben sich bemüht, mir auf jede erdenkliche Weise zu helfen. Sie achten auch immer darauf, meine Aussprache zu korrigieren, und dass ich das ‚th’ richtig lerne.« Letztes Jahr wurde Klaus von seinen Schulkameraden für das Förderprogramm »Boys‘ State« ausgewählt, das jedes Jahr von der American Legion finanziert wird. »Das war eine sehr große Ehre für mich«, sagt er. Für The Transcript arbeitet er gelegentlich als Reporter. Er interessiert sich sehr für Journalismus. Nächstes Jahr möchte Klaus aufs College gehen, doch er weiß noch nicht, wo und welches Fach er studieren wird. Fürs erste ist er glücklich, hier zu sein, unter »Menschen, die so denken wie wir«. Herr Zwilsky, der die ersten beiden Jahre nach der Ankunft in den USA auf einer Farm gearbeitet hat, ist mittlerweile als Pharmazeut am Marlboro State Hospital angestellt. Frau Zwilsky arbeitet bei Piccadilly Frocks in der Throckmorton Street. (spätere Ergänzung von Klaus Zwilsky: »Ich bin nicht sicher, ob ich das alles heute noch so sagen würde.«)
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  • Typ: Zeitungsausschnitt
  • Inventarnummer: 2003/141/421
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