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Nicholas Ofczarek, porträtiert von Erwin Wurm

Erwin Wurm2008

Burgtheater

Burgtheater
Wien, Österreich

Er bringt Menschen in unmögliche Situationen, und wir mögen das. Erwin Wurm ist damit weltberühmt geworden. Er sieht seine Fotos als lebende Skulpturen, Bildhauer der er eigentlich ist. Nicholas Ofczarek steht da wie ein Denkmal, allerdings in ganz offensichtlichem Unterschied zu Schiller vor der Wiener Akademie der bildenden Künste, dessen mehrfach übereinander gestapelte Sockel ihm so viel Distinktion verleihen, dass er selbst darauf, in seinem bürgerlichen Gewand, fast verschwindet. Das kann man von dem Porträt des Schauspielers nicht behaupten. Bis auf Unterhose, Socken und Schuhe entkleidet, ein Sinnbild männlicher Lächerlichkeit, steht er auf einem Müllbehälter und überblickt. Peinlicherweise einen morgendlichen Straßenzug (weil sonst kein Mensch da ist); er ist öffentlich allein – was die Situation wieder etwas weniger peinlich macht. Zu Hause kann man unter Umständen so vorkommen (allerdings ohne Schuhe, bevor man die Überhose angezogen hat); aber wer stellt sich da schon auf den Mistkübel; mit der einzigen Ausnahme vielleicht, er hätte ihn vor das Bücherregal gerückt und suchte mit entschlossenem Blick ein Buch – wenig wahrscheinlich. Wie man es auch dreht und wendet, die Sache bleibt dubios, man findet keine Erklärung, und es ist auch ganz selbstverständlich, dass man keine findet, weil das Konzept des Künstlers darin besteht, dass keine gefunden werden kann. Scheinbar wird ein Kader aus einem Film genommen, ein Bild aus einer Geschichte, und man könnte sich dann zusammenreimen, was man will. Der Spaß hat aber einen existenziellen Hintergrund, einen real existenziellen und einen künstlerisch existenziellen; und dann ist Schluss mit lustig. Wenn sich nämlich im Kunstwerk kein Sinn mehr einstellen darf, kann das als Hinweis darauf verstanden werden, dass auch in Wirklichkeit nicht mehr an Sinn geglaubt wird. Dass das alles seinen Sinn verloren hat. Dass nichts mehr ergründbar ist oder – schlimmer noch – wir vollständig in diese Unergründbarkeit hineingeworfen sind, von vornherein selbst Opfer der Sinnlosigkeit; mit all unseren Bemühungen, gut dazustehen, letztlich um nichts weniger lächerlich als diese Gestalt, irgendwo mitten auf der Straße, aufdringlich und unbeachtet, allein wie nur möglich. (Text von Otmar Rychlik, aus dem Programm zur Eröffnung der Porträtgalerie Burgtheater)

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  • Titel: Nicholas Ofczarek, porträtiert von Erwin Wurm
  • Ersteller: Erwin Wurm
  • Datierung: 2008
  • Ort: Burgtheater Wien, Porträtgalerie, Foyer 2. Rang
  • Abmessungen: 135 cm x 100 cm
  • Fotograf: Erwin Wurm
  • Material: Fotografie
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