Der in Karlsruhe geborene Künstler Alexander Kanoldt gehörte zu den wichtigsten Vertretern der Neuen Sachlichkeit. „Olevano“ gilt als besonders markantes Werk und steht in der Bildtradition romantischer Darstellungen italienischer Bergstädte. Der pittoreske Ort Olevano war im frühen 19. Jahrhundert von Joseph Anton Koch künstlerisch entdeckt worden und hatte sich zum Anziehungspunkt mehrerer Generationen von Künstlern aus dem nördlichen Europa entwickelt. Die östlich von Rom gelegene Stadt war Kanoldt durch seinen Vater, den Maler Edmund Friedrich Kanoldt, vertraut, der sich um 1870 erfolgreich gegen die Abholzung des nahe gelegenen Eichenwaldes „Serpentara“ verdient gemacht hatte.
Während einer Italienreise 1924 verbrachte Alexander Kanoldt fast zwei Monate in Olevano, wo er zahlreiche Skizzen und Studien anfertigte, nach denen auch dieses Gemälde im heimischen Atelier als späteste von mehreren Fassungen entstand. Als Standort wählte Kanoldt die Casa Baldi, von deren Terrasse die verschachtelte Häusersilhouette am Berghang mit der bekrönenden Colonnaburg besonders schön zur Geltung kam.
Von der traditionsreichen romantischen Ansicht seiner Künstlerkollegen ist dieses Gemälde jedoch weit entfernt. Kanoldts ausschnitthafte Darstellung betont die Klarheit und Härte der Bauten. Er verzichtete auf jegliche Staffage, die Stadt erscheint geisterhaft leer. Die landschaftliche Einbettung der Stadt weicht einem Fokus auf monumentaler, hermetisch abgegrenzter und fast schon kristalliner Architektur, die hart und wie von Mondlicht ausgeleuchtet erscheint. Alles wirkt zeitlos. Einzig die vegetationslosen, doch organisch gestalteten Höhenzüge können dem kubischen Formgefüge der Häuser etwas entgegensetzen.
Das Thema Olevano stellt einen Höhepunkt im malerischen Werk Kanoldts dar. Er erfindet die berühmte Vedute in der Manier eines Stilllebens neu.