Im pelzverbrämten weiten Samtkleid, unter dem nur ein Stück des preziösen Schwanensessels hervorlugt, im Rücken die schweren Falten eines gerafften Vorhangs, den zarten Pantoffel auf einem Fußkissen, den treuen Hund übersehend und den vieldeutig träumerischen tiefdunklen Blick auf den Betrachter gerichtet, eine Ganzfigur in Lebensgröße, wie sie eher einer Prinzessin als einer Bürgerlichen angemessen wäre (weshalb der König bei seinem Besuch der Akademieausstellung sich veranlaßt fühlte, zu fragen, wer es sei): Mit so barocken Anklängen stattete der junge Julius Hübner seine neunzehnjährige Braut Pauline Bendemann (1809–1895) aus. Er hatte sie kennengelernt, als er ihrem Bruder Eduard – Sohn des Bankiers Bendemann und später sein Kollege an der Dresdner Akademie – Hausunterricht im Zeichnen gab, und seit 1824 mehrfach gezeichnet. Das große Bild entstand nach dem Verlöbnis im Dezember 1828 und muß vor der gemeinsamen Italienreise (ab August 1829) fertig geworden sein. Offensichtlich stand Hübner das ähnlich anspruchsvolle Bildnis der jungen Berliner Bankiersgattin Fanny Ebers in rotem Kleid von seinem Lehrer Wilhelm Schadow vor Augen (1826, Neue Pinakothek, München): Namentlich das am linken Bildrand entlanggestaffelte Stilleben hat hier – mit Papagei, blühenden Pflanzen, einem aufwendig gestalteten Blumentisch – seine Entsprechung. Aber nicht nur die Pracht der Stoffe und Goldschmiedearbeiten unterstreicht den sinnlichen Reiz des lässig an den Tisch gelehnten schwarzäugigen Mädchens. Schwer zu übersehen, obwohl bei einem Brautbild eher befremdlich, ist die Vanitas-Symbolik des geöffneten Schmuckkastens, ebenso wie der erotische Beiklang der Muschel (eines Venus-Symbols), aus der eine rote Lilie wächst: Das »Denkmal der Liebe« (so die Inschrift auf dem Bild) gerät in die Nähe eines Kurtisanenbildnisses. | Claude Keisch