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Philipp Hauß, porträtiert von Lucy McKenzie

Lucy McKenzie2008

Burgtheater

Burgtheater
Wien, Österreich

Der realistische Effekt des Körpers erscheint durch die Tatsache, dass die Füße fehlen, erheblich verunsichert; das mutet bodenlos an (und soll es auch), bezieht sich aber darauf, dass die Gestalt in Untersicht gegeben ist. Birgit Minichmayr und Philipp Hauß müssen für die beiden Porträts von Lucy McKenzie auf irgendetwas gestanden sein, vielleicht einem Tisch, um aus dieser Perspektive fotografiert und danach gemalt werden zu können; und die Tischplatte hat zweifellos aus dieser Sicht die Füße – amateurfotografisch gesprochen – „abgeschnitten“. Die beiden schweben nun einander gegenüber, wie Adam und Eva sonst einander gegenüberstehen; aus Sündenfallsgründen, aber um nichts weniger verunsichert. Auch das eine der zahlreichen Anspielungen auf die Geschichte der Malerei, mit denen die Künstlerin argumentiert. Es handelt sich jedenfalls im klassischen Sinn um ein Diptychon, worin der Dialog zwischen Mann und Frau stattfindet, stumm wie in einer Sacra Conversazione; aber die Sprachlosigkeiten schauen einander an. Birgit Minichmayr hat etwas entschieden Abweisendes in Physiognomie und Haltung; die überkreuzten Beine und Arme, der geringschätzig herausfordernde Blick, und es ist Teil des strategischen Realismusspiels der Malerin, dass der Porträtkopf so knapp an die Schnittstelle zweier Marmorplatten gerückt wurde, dass die obere Platte schwer auf ihm zu lasten scheint. Philipp Hauß hingegen steht ganz offen da, vielleicht mit der ahnungslosen Offenheit des Mannes, der sich keiner Schuld bewusst ist – Adam für immer. Das erste Gemäldepaar in der bis zu Kaiser Joseph II. zurückreichenden Geschichte der Porträtgalerie des Burgtheaters gibt die beiden Protagonisten, einzeln gesehen, so wenig schauspielerhaft wie nur möglich, in der Gegenüberstellung aber enthüllt sich das unauslotbare Drama der Geschlechterbeziehung – das große Spiel, das große Theater, der große Konflikt, hinter dem vielleicht auch der Glaube an die Hoffnung der Liebe steht. Kunstgeschichtlich gesehen spricht man dann, wenn Darstellungen existierender, identifizierbarer Menschen in Gestalt mythologischer oder wie hier alttestamentarischer Gestalten erscheinen, von „Identifikationsporträts“, in deren lange große Geschichte sich Birgit Minichmayr und Philipp Hauß nun durch Lucy McKenzie unversehens hineingestellt finden. (Text von Otmar Rychlik, aus dem Programm zur Eröffnung der Porträtgalerie Burgtheater)

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  • Titel: Philipp Hauß, porträtiert von Lucy McKenzie
  • Ersteller: Lucy McKenzie
  • Datierung: 2008
  • Ort: Burgtheater Wien, Porträtgalerie, Foyer 2. Rang
  • Abmessungen: 230 cm x 112 cm
  • Fotograf: Georg Soulek
  • Material: Öl auf Leinwand
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