„Im Jahre des Herrn 1339 ist dieses Plenarium angefertigt worden und es sind diese Reliquien hineingelegt worden […]“, verkündet ein lateinischer Eintrag an der Innenseite des Buchdeckels. Die ostentative Mitteilung bezieht sich auf die Anfertigung des Einbandes. Das Plenar selbst, ein liturgisches Buch, das die Lesungen der Messe vollständig (lat. plene) umfasst, ist wahrscheinlich bereits einige Jahre zuvor entstanden. Es enthält zwei ganzseitige Malereien mit je vier Miniaturen: fol. 3v die Evangelisten und fol. 4v Szenen aus der Kindheit Jesu. Der Vorderdeckel des Buchreliquiars ist unter Verwendung eines im ersten Drittel des 14. Jahrhunderts wohl in Venedig entstandenen Schach-Dame-Spielbrettes hergestellt worden. Miniaturen unter Bergkristall mit höfischen und mythologischen Szenen bilden seine „weißen“, Plättchen aus Jaspis die „schwarzen“ Felder. Im Zentrum des vertieften Mittelfelds befindet sich unter Bergkristall eine Kreuzreliquie, die vier seitlich anstoßenden Felder enthalten die gestanzten Symbole der Evangelisten mit Namensbeischriften. Der Rückdeckel zeigt in einer künstlerisch hoch bedeutenden gravierten Darstellung S(ANCTVS) BLASIVS, den Hauptpatron des welfischen Hausstiftes zu Braunschweig, im bischöflichen Ornat thronend. Zu seinen Seiten knien OTTO, Herzog Otto der Milde von Braunschweig-Göttingen (Duc. 1318–1344) und AGNES, seine zweite Gemahlin Agnes von Brandenburg (1297–1334), als Stifter des Plenars. Die Halbfigur einer den hl. Blasius anflehenden Frau und der Wolf mit einem Schwein im Maul unter den Köpfen der beiden Mitpatrone Johannes des Täufers links und des hl. Thomas von Canterbury rechts illustrieren eine Episode aus der Legende des hl. Blasius.