Otto Muellers Bilderzählungen können bisweilen sehr direkt mit der Biografie des Künstlers in Verbindung gebracht werden wie hier mit der Polnischen Familie: Sie zeigt eine Wunschvorstellung. Der Künstler malt sich als orthodoxen Juden neben seiner Geliebten Irene Altmann als Maria mit halbem Heiligenschein. Sie war jüdischer Herkunft und eine seiner ersten Schülerinnen zu Beginn des Jahres 1919 an der Breslauer Akademie. Sie hat sein Privatleben stark verändert; er dachte wohl erstmals an Scheidung seiner langjährigen Ehe. Mueller thematisiert die unterschiedliche Glaubenszugehörigkeit, die einer Heirat im Wege steht: Einer von beiden müsste, so kann man dieses Motiv lesen, konvertieren. In dieser Darstellung verbirgt sich auch die Sehnsucht des Künstlers nach familiärer Geborgenheit, die er mit der Darstellung des soeben geborenen Kindes beschreibt. Die Geburt eines gemeinsamen Kindes ist allerdings nicht überliefert, während der unter der Bank hervorlugende Hund auf Muellers Pudel Heiko verweist, der ihm in den ersten Jahren in Breslau getreuer Begleiter war.
Interessiert am Thema „Visual arts“?
Mit Ihrem personalisierten Culture Weekly erhalten Sie Updates
Fertig!
Sie erhalten Ihr erstes Culture Weekly diese Woche.