»Alexander von Humboldt ist diesen Morgen einige Stunden bei mir gewesen«, berichtete Goethe am 11. Dezember 1826 seinem Vertrauten Eckermann. »Was ist das für ein Mann! Ich kenne ihn so lange und doch bin ich von neuem über ihn in Erstaunen. Man kann sagen, er hat an Kenntnissen und lebendigem Wissen nicht seinesgleichen. Und eine Vielseitigkeit, wie sie mir gleichfalls noch nicht vorgekommen ist! Wohin man rührt, er ist überall zu Hause und überschüttet uns mit geistigen Schätzen. Er gleicht einem Brunnen mit vielen Röhren, wo man überall nur Gefäße unterzuhalten braucht, und wo es uns immer erquicklich und unerschöpflich entgegenströmt« (Goethes Gespräche mit Eckermann, Berlin 1955, S. 239).
Das Porträt Alexander von Humboldts (1769–1859), gemalt von Friedrich Georg Weitsch im Jahre 1806, entstand zwei Jahre nach der Rückkehr des Wissenschaftlers von seiner fünfjährigen Forschungsreise durch Lateinamerika, die er gemeinsam mit dem französischen Botaniker Aimé Bonplant ab 1799 unternommen hatte. Es zeigt den 37jährigen Naturforscher in einer idealisierten Urwaldlandschaft beim Botanisieren: In den Händen hält er die frischen Blüten der Rhexia speciosa (heute Meriania Speciosa), auf den Knien ein Herbarium, links hinter ihm Zylinder und Barometer. Noch heute, über zweihundert Jahre nach seiner Amerikareise, wird Humboldt in dem von ihm erforschten Teil des damaligen spanischen Kolonialreichs als der ›zweite Entdecker Amerikas‹ verehrt. Dem unabhängigen Forschungsreisenden war die intensive Kommunikation mit der Welt jenseits des Atlantik ein tiefempfundenes Anliegen. Humboldt strebte danach, die Welt in ihren großen Zusammenhängen und Vernetzungen zu erkennen: »Alles ist Wechselwirkung«, notierte er 1803 in sein mexikanisches Tagebuch (zit. nach: Alexander von Humboldt, Ausst.-Kat., Bonn 2000, S. 10–12).
Weitschs Gemälde wurde 1808 von Johann Josef Freidhoff in Mezzotinto reproduziert, weitere Porträtstiche folgten. Nachdem König Friedrich Wilhelm III. das Bildnis für das Berliner Schloß erworben hatte, bestellte er beim Künstler zwei weitere Bilder zu Humboldts Amerikareise: »Der Chimborasso in Südamerika. Alexander von Humboldt nebst Begleitern bei der Besteigung des Berges« und als Gegenstück »Ansicht des Peter-Paul-Hafens in Kamtschatka« (beide Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg). | Birgit Verwiebe