Frans Pourbus d. J. erhielt seine Ausbildung wahrscheinlich bei seinem Großvater Pieter Pourbus (1523/24–1584) in Brügge. 1591 wurde er Mitglied der Antwerpener Malerzunft. Nach einigen Jahren in Brüssel und Antwerpen, wo er sich als Bildnismaler einen Namen gemacht hatte, wurde er 1600 Hofmaler des Herzogs von Mantua, Vincenzo I. Gonzaga. Als Pourbus Eleonora von Medici, Herzogin von Mantua, 1606 bei einem Besuch ihrer Schwester – der Königin von Frankreich, Maria von Medici – nach Paris begleitete, malte er deren Sohn Ludwig (1601–1643) zum ersten Mal. 1609 trat er in die Dienste Maria von Medicis in Paris über und wurde zu einem hoch angesehenen Hofmaler. Er stellte Ludwig XIII. in zahlreichen Bildnissen dar, die auch als Geschenke in der zwischenstaatlichen Diplomatie verwendet wurden.
Die Kunsthalle bewahrt zwei Bildnisse des Malers: ein Porträt Ludwigs XIII. (siehe dazu Inv. 2803) und als Gegenstück ein Damenporträt. Dieses Hüftbild in Dreiviertelansicht gibt viele Rätsel auf. Es ist nicht bezeichnet, so dass man nur vermuten kann, dass es ebenfalls um 1616 entstanden ist. Lange wurde davon ausgegangen, dass es sich bei der Porträtierten um Anna von Österreich (1601–1666) handelt, die älteste Tochter König Philipps III. von Spanien und der Erzherzogin Margarete von Österreich, außerdem die gleichaltrige Ehefrau von Ludwig XIII. Deren Hochzeit im Jahr 1615 war Ausdruck einer für die Zeit typischen Heiratspolitik aus Gründen der Staatsräson. Seit dem Frühjahr 1612 waren sowohl die Hochzeit Ludwigs mit Anna von Österreich als auch diejenige seiner jüngeren Schwester Elisabeth (1602–1644) mit Annas jüngerem Bruder, dem Infanten von Spanien, dem späteren Philipp IV. (1605–1665), beschlossen. In der jüngeren Forschung wurde die Dargestellte jedoch als Ludwigs Schwester, Elisabeth von Frankreich, identifiziert. Diese Zuordnung wird mittlerweile in den Fachpublikationen bevorzugt. Ludwig XIII. und seine Schwester Elisabeth verband dasselbe Schicksal, Instrument zur Machtausübung zu sein.
Das Machtmittel der Dame war ihre Schönheit, die Kleidung dokumentierte ihren Stand und ihre Bedeutung. Hier ist sie in einem prachtvollen Kleid aus silbergrauem Satin mit goldfarbener floraler Ornamentik und mit mehrfach gebundenen Puffärmeln dargestellt. Die Manschetten und der Saum am Halsausschnitt sind aus feinster Spitze, ebenso der sogenannte Medicikragen, der fächerförmig im Nacken hochsteht. Der gesamte Schmuck des Kleides, der Haare und auf der Haut ist in einer Kombination dunkler Edelsteine und weißer Perlen aufeinander abgestimmt. In der typisierten, auch idealisierten Darstellung gibt es bis ins Detail Parallelen zu einer Reihe weiterer Porträts, die Anna oder Elisabeth zeigen.
Mit Annas und Elisabeths späten Nachkommen wiederholte sich das heiratspolitische Verfahren. Annas Sohn, Ludwig XIV. von Frankreich, der sogenannte Sonnenkönig, sollte 1660 Elisabeths Tochter, Maria Teresa von Spanien, ehelichen. Auch dies war jedoch in erster Linie ein Schachzug in der Machtpolitik von Spanien und Frankreich.