Ende 1862 lernte der 19jährige Anton von Werner den Dichter Victor von Scheffel (1826–1886) in Karlsruhe kennen, woraus sich eine lebenslange Freundschaft entwickelte. In seinen Erinnerungen formulierte er: »Was aber meinem Leben nicht nur während meines Aufenthaltes in Karlsruhe, sondern für die ganze Zukunft einen dauernden Stempel aufdrückte, das war die innige Freundschaft, die mich vom ersten Augenblick meiner Bekanntschaft mit dem Dichter des ›Ekkehard‹ unbewußt zu ihm, Herz zum Herzen, hinzog, trotz des großen Altersunterschiedes« (Jugenderinnerungen, Berlin 1993, S. 80). In der Folgezeit illustrierte Werner fast alle wichtigen Werke Scheffels, beginnend 1864 mit »Frau Aventiure«. 1870 malte er das Porträt des Dichters. In die gemalte Damasttapete im Hintergrund sind in Schriftfeldern Kurztitel der Werke Scheffels ›eingewebt‹. Links liest man »Aventiure«, darunter »Ekkehard« und »Trompeter«, rechts wird an die Schriften und Gedichtsammlungen »Juniperus«, »Gaudeamus« und »Bergpsalmen« erinnert. Mit dem Bildnis Scheffels, das über Anton von Werners Tod hinaus im Besitz der Familie verblieb, schuf sich der Künstler ein Denkmal der Freundschaft und zugleich der eigenen Tätigkeit. Die kongenialen, in engem Gedankenaustausch entstandenen Illustrationen waren ein wichtiger Teil seines künstlerischen Schaffens. Scheffel und Werner hatten dafür gemeinsame Studienreisen unternommen, Literatur getauscht und sich über ikonographische und historische Details abgestimmt. Anton von Werner: »Es war der Maler in Scheffel, den es drängte, die Figuren seiner dichterischen Phantasie im Bilde verkörpert zu sehen« (Briefe von Josef Victor von Scheffel an Anton von Werner 1863–1886, Stuttgart 1915, S. VI f.). Der damaligen Beliebtheit von historischen Verserzählungen und Romanen entsprach jene für reich ausgeführte Illustrationen. | Angelika Wesenberg