»Im Cimelienschrein der Romantik« habe dieses Gemälde von Johann Anton Ramboux seinen Platz, schrieb Alfred Neumeyer in der »Zeitschrift für Bildende Kunst« anläßlich der Erwerbung des Bildes 1931 durch die Nationalgalerie (65. Jg., 1931/32, H. 1, S. 217). Vermutlich schon zu Lebzeiten von Ramboux gelangte das Werk in den Besitz des Trierer Bankiers Christoph Nell und verblieb über hundert Jahre unbekannt in dessen Sammlung. Unter den wenigen erhaltenen Ölgemälden gilt die mit lichthellen Lasurfarben gemalte kleine Holztafel als ein Hauptwerk des Künstlers.
Als Schüler Jacques-Louis Davids war Ramboux zunächst vom französischen Klassizismus beeinflußt. Während seines Romaufenthaltes von Frühjahr 1816 bis 1822 schloß er sich dem Kreis der Nazarener an und teilte seither ihre Kunstauffassung. Dargestellt ist die Gegend des Tibertals oberhalb Roms, ein von zeitgenössischen Künstlern häufig gewähltes Motiv. In dieser Landschaft, an der Quelle Acqua Acetosa, siedelte Ramboux eine biblische Szene an: Elieser, der Knecht Abrahams, begegnet während der Brautsuche für dessen Sohn Isaak Rebekka am Brunnen (1. Mose, 24). Rebekka reicht Elieser einen Wasserkrug. Rechts nähert sich seine Karawane mit Kamelen und Hunden. Im Hintergrund schimmert zart, fast entmaterialisiert, in ungewöhnlich hellen Tönen die Tiberlandschaft mit den Sabiner Bergen am Horizont. Die streng geordnete, nahezu archaisch anmutende Komposition erinnert an den Freskostil von Renaissancemeistern wie Ambrogio Lorenzetti oder Francesco Traini. »Ganz bezaubernd ist die goldschmiedhaft saubere Zeichnung und Malerei, die äußerst zarte Stufung der bräunlichen und violetten Töne, und darin vorn die feinen Gestalten wie aus lauter Edelsteinen. Immer neue Kostbarkeiten der Farbe entdecken wir. Demütige Hingabe ergreift uns in diesem Wunderbild. Es ist ein holder Traum von Rom, von frommen Menschen und von alter heiliger Kunst« (L. Justi, Von Runge bis Thoma, Berlin 1932, S. 77). | Birgit Verwiebe
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