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Frühgriechischer Relieftondo

Unbekannt-640

Altes Museum, Staatliche Museen zu Berlin

Altes Museum, Staatliche Museen zu Berlin
Berlin, Deutschland

Das schmale, zart geformte Gesicht eines Jünglings ist aus der Mitte der runden Blechscheibe herausgearbeitet. In klaren Umrisslinien sind die Konturen des Kopfes von den rahmenden, doppelten Lockensträhnen abgesetzt. Auf der jetzt beschädigten Stirn liegen übereinander zwei Reihen runder Lockenenden. Die weich ineinander übergehenden Partien des Gesichtes, besonders zwischen den Oberlidern und den Augenbrauen, geben ihm einen zarten Ausdruck. Die hohe freie Stirn, die verschiedenen Reliefhöhen der Haarsträhnen und Locken sowie die großen wohlgeformten Ränder der hohlen Augen unterstreichen das Bild der Jugendlichkeit. Das Relief der linken Gesichtshälfte ist etwas höher als die deutlich flachere rechte Hälfte angelegt, wodurch eine leichte Bewegung des Kopfes nach rechts bewirkt wird (U. Peltz). Die Augen waren einst in anderem Material, wohl in Bein, eingelegt. Die kurzen, seitlichen Lockensträhnen sprechen dafür, in diesem Reliefbild das Gesicht eines Jünglings zu sehen. Nach Frisur und Gesichtsform kann dieses Werk in die Mitte des 7. Jahrhunderts v. Chr. datiert werden, in eine Zeit, in der die frühesten großplastischen Werke der griechischen Kunst entstanden sind. Ein Werk derselben Zeit, ein kleiner hohlgegossener Bronzekopf im Landesmuseum in Karlsruhe, steht in der Bildung des Gesichtes der Berliner Scheibe sehr nahe. Er wird von vielen Gelehrten als Werk eines samischen Meisters angesehen. Dafür spricht auch der vollendete Hohlguss, der in dieser frühen Zeit in besonderer Weise eine Herstellung in einer samischen Werkstatt vermuten lässt, zumal die ersten Hohlgüsse sehr wahrscheinlich in Samos entstanden. Die Berliner Scheibe wird wahrscheinlich auch aus Samos stammen, nicht nur wegen der stilistischen Übereinstimmung beider Köpfe, sondern auch wegen ihrer komplizierten und hervorragend beherrschten Technik, aus einem
vorgegossenen Rohling das Gesicht und die Haare präzise auszutreiben (Hinweis U. Peltz). Die Scheibe wurde 1876 erworben. Sie soll nach Meinung eines damaligen Kunsthändlers aus Olympia stammen. Durch eine chemische Untersuchung der auf der Scheibenrückseite noch anhaftenden Erde konnte aber vor kurzem nachgewiesen werden, dass Olympia als Fundort nicht in Frage kommen kann (Hinweis G. Schneider). Die Verwendung der Scheibe ist ungeklärt. An ihrem Rand konnten keine Befestigungsspuren gefunden werden. Eine erhaltene kleine Niete unter dem Kinn und der Rest eines kleinen Nietloches in den Haaren auf dem Kopf
werden die Scheibe einst auf einem Hintergrund gehalten haben. Da das Gesicht genau in der Mitte der Scheibe liegt und zu den Rändern in genau demselben Abstand ausgetrieben wurde, könnte sie passend für ein Gebäude gear-
beitet sein, vielleicht als Schmuck einer Metope. Das große offene Loch unter dem Kinn wurde mit einem scharfen Gegenstand absichtlich von außen nach innen eingeschlagen. Solche Durchstoßungen sind im Heraheiligtum auf Samos an fast allen Gegenständen aus Bronzeblech zu finden. Sie dienten dazu, geweihte, aber nicht mehr erwünschte Stücke zu entwerten und ihre weitere Verwendung im profanen Bereich unmöglich zu machen.

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  • Titel: Frühgriechischer Relieftondo
  • Ersteller: Unbekannt
  • Datierung: -640
  • Ort: Athen
  • Abmessungen: w35 cm
  • Typ: Relief
  • Material: Bronzeblech, vorgegossen und ausgetrieben.
  • Sammlung: Antikensammlung, Staatliche Museen zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz
  • Inv.-Nr.: Misc. 7102
  • ISIL-Nr.: DE-MUS-814319
  • Externer Link: Altes Museum, Staatliche Museen zu Berlin
  • Copyrights: Text: © Verlag Philipp von Zabern / Antikensammlung, Staatliche Museen zu Berlin / Ulrich Gehrig || Photo: © b p k - || Photo Agency / Antikensammlung, Staatliche Museen zu Berlin / Johannes Laurentius
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