Prinz Heinrich von Preußen (1726-1802) veranlasste zwischen 1763 und 1786 die Umgestaltung der von seinem Bruder Friedrich als Kronprinz (II./1712-1786) bewohnten Räume. Stilistisch handelt es sich um noch von Rokokoformen geprägte frühklassizistische Raumschöpfungen. So stammen beispielsweise die Entwürfe für das Haupttreppenhaus und für den Muschelsaal von Carl Gotthard Langhans (1732-1808) , der später im Potsdamer Marmorpalais und im Berliner Schloss für die bedeutenden frühklassizistischen Innenraumgestaltungen verantwortlich war.
Im Zusammenhang mit dem Bau der beiden Eckpavillons 1784/1785 und der Einrichtung der neuen Bibliothek ließ der Prinz den ursprünglichen Bibliotheksraum und die Chinesische Kammer zu einem Schlafzimmer zusammenfassen, in zeitgenössischen Quellen Schlafkammer genannt. Die neue Ausmalung stammt vermutlich von dem Berliner Maler Bartolomeo Verona, der wenige Jahre zuvor auch das Rheinsberger Schauspielhaus dekoriert hatte. Entscheidend für den Raumeindruck war hier jedoch die auffällige textile Wandbespannung, die nach 1945 zerstört wurde. Laut Inventar von 1802, das wohl den Erstzustand von kurz nach 1785 wiedergibt, ist der Raum „tapeziert mit hellblau, gelb und weiß Satinade“, die Alkovendraperie, das Gardinenbett, die Sitzmöbel- und Kaminschirmbezüge sind von ebensolchem Stoff beschrieben. Die im Muster außergewöhnliche Tapete ist in Schloss Rheinsberg einzigartig – nur im Schlafgemach der Sommerwohnung ist eine weitere, allerdings sehr viel einfachere textile Wandbespannung bezeugt. Die besondere Bedeutung, die ihr schon zu Entstehungszeit zukam, zeigt die archivalische Nachricht über eine Reise des Fabrikanten aus Lyon nach Rheinsberg zum Vermessen des Raumes.
Bis 1945 ist der Ausstattungsstoff in der Schlafkammer nachweisbar. Als 1950 ein Sanatorium im Schloss eingerichtet wurde, nutzte man die Schlafkammer Heinrichs als Speiseraum. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wurde die Wandbespannung entfernt und vermutlich weggeworfen. Nach Übernahme des Schlosses durch die Stiftung Schlösser und Gärten Potsdam-Sanssouci 1991 führten die Entdeckung eines Stoffrestes unter einer Leiste, die gute Quellenlage sowie die Bedeutung der ursprünglichen Ausstattung zu der Entscheidung, die Wand- und Möbelbespannungen und die Draperien an Bett und Alkoven zu rekonstruieren. Grundlage hierfür war eine Meßbildfotografie, um 1910 entstanden, eine Zeichnung des Architekten Alfred von Behr, der den Rapport 1883 vor dem Original abgezeichnet hat, ein Aquarell von Wilhelm Streckfuß aus dem späten 19. Jahrhundert, das den Raumeindruck wiedergibt, und das Gewebefragment, das bei den Restaurierungsarbeiten unter einem Türrahmen aufgefunden wurde. So konnte der Lampas mit blauem Grund und in gelb und weiß gehaltenem Muster, das gebildet wird von Spitzenbändern, Blumenranken, gefüllten antikischen Blumenvasen und Papageien, rekonstruiert werden. Für die schleierartigen Bettbehänge wurden Muster und Farbe des Lampasgewebes als Siebdruck auf eine Seidenmusseline übertragen.
Die rekonstruierte textile Ausstattung hat dem Paradeschlafzimmer anlässlich der großen Ausstellung zum 200. Todestag des Prinzen Heinrich im Jahre 2002 seine ursprüngliche Raumwirkung zurückverliehen.
(Susanne Evers, bearb. Franziska Ratajczak)