Seeadlerpaar

Haliaeetus albicilla. Donau-Auen bei Wien. Stopfpräparate. 1889.

Dieses Seeadlerpaar wurde von Kronprinz Rudolf am 22. Jänner 1889 in den Donau-Auen bei Wien erlegt – nur neun Tage vor seinem Selbstmord in Mayerling.

PRINZ, ORNITHOLOGE, JÄGER
Rudolf, Kronprinz von Österreich-Ungarn, wurde traditionsgemäß zum Jäger ausgebildet. Unter Anleitung des damaligen Direktors des NHM, Ferdinand von Hofstetter, entwickelte er sich auch zum Hobby-Ornithologen. Er verfasste rund 40 einschlägige Publikationen: Berichte über Jagderlebnisse, Reisenotizen und ornithologische Betrachtungen. Daraus geht hervor, dass sich sein Verständnis von Ornithologie grundlegend vom heutigen unterschied. Als „passionirter Waidmann“ nutzte er sein ornithologisches Wissen vor allem, um möglichst viele der „majestätischen Seeadler“ vor die Flinte zu bekommen. Dabei kümmerte es ihn wenig, ob er durch den Abschuss beider Elterntiere die gesamte Brut zum Hungertod verurteilte.
Seine eindrucksvolle Trophäensammlung vermachte der Kronprinz in einem handschriftlichen Testament dem NHM. Das von ihm zuletzt erlegte Seeadlerpaar wurde durch ein Stopfpräparat aus dem Jahr 1853 ergänzt und auf einem Horst präsentiert. Die imposanten, bis zu vier Meter hohen Seeadler-Horste werden oft jahrelang genutzt.
Noch im 19. Jahrhundert brüteten zahlreiche Seeadler, die mit einer Flügelspannweite von 2,5 Metern zu den größten Greifvögeln der Welt zählen, in den Auwäldern entlang der großen österreichischen Flüsse. Durch Bejagung und vergiftete Köder, später auch durch den Einsatz von DDT, ging ihre Zahl immer weiter zurück. In den 1970er Jahren war der Adler bei uns nur noch ein seltener Wintergast. Erst durch intensive Schutzmaßnahmen in Nord- und Osteuropa erholten sich die Bestände langsam. 1999 brüteten erstmals wieder Seeadler in Österreich. Im Jahr 2010 wurden in den Donau-Auen fünf Brutpaare gezählt.