Das „Neuwieder Kabinett“ gehört zu den Glanzleistungen europäischer Möbelkunst. Seit 1768 leitete David Roentgen den Manufakturbetrieb seines Vaters Abraham in Neuwied und der große Pultschreibschrank war das Hauptwerk der 1770er Jahre. Im Gewand des neuen frühklassizistischen Stils führte die Manufaktur ihre mosaikartig feinen, farbigen Holzbilder (Marketerien) ebenso zur Vollendung wie ihre raffinierten Mechaniken. Auf Knopfdruck öffneten sich – untermalt von der virtuosen Musik von Flöten- und Glockenspielen – nicht nur Türen und Kästen, sondern überraschend auch ganze Schreibpulte, geheime Schatullen und Fächer.
Das Möbel wurde in leichten Varianten dreimal hergestellt. Das wohl reifste Exemplar gelangte 1779 zum preußischen Kronprinzen nach Berlin und gewann den späteren König Friedrich Wilhelm II. als bedeutenden Kunden. Zur Repräsentation bestimmt, verkörperte das immens kostspielige Kabinett den absolutistischen Herrschaftsanspruch und setzte seinem königlichen Besitzer ein einzigartig kunstvoll technisches Monument.