Eigentlich schon dem Impressionismus zugehörig erscheint die Darstellung der kargen, hellen Landschaft bei dem Ort Meudon, südwestlich von Paris aus dem Jahr 1865: mit einem Fuhrwerk auf breiter, sandiger Straße, zwei Häusern rechts und einem hohen, dürren Baum links und dem kaum wahrnehmbaren Kanal dazwischen. Johann Barthold Jongkind war zwanzig Jahre zuvor auf Veranlassung des Malers Eugène Isabey, der sein väterlicher Förderer wurde, aus dem heimatlichen Holland nach Paris gekommen. Er freundete sich in den einschlägigen Restaurants mit vielen Malern der Schule von Barbizon an, aber auch mit Gustave Courbet und Charles Baudelaire. Nach Krisenjahren, die er wieder in Holland verbrachte, kehrte er 1860 nach Paris zurück und konnte auf die Unterstützung seiner Freunde rechnen. 1862 ging Jongkind nach Honfleur in der Normandie. Er mietete sich an der Küste Saint Siméon ein und scharte Freunde um sich. Von Ende Mai bis November 1864 wohnte auch der junge Claude Monet in der Ferme Saint Siméon, einem bei Künstlern beliebten Gasthaus, im Herbst arbeitete er häufig mit dem älteren Jongkind vor denselben Motiven und eignete sich so dessen Sichtweise an. Monet berichtete später, daß Jongkind bis zu 15 Aquarelle am Tage malte, von denen er später die geeignetsten in Ölmalerei ausführte (vgl. S. Koja, Monet, Ausst.-Kat., Wien 1996, S. 42). Daraus erklärt sich auch, daß Jongkind bei gedämpfter Ateliertonigkeit blieb und noch nicht reine Farben, wie wenig später die Impressionisten, verwendete. Seine Arbeiten, insbesondere Ansichten der Seine wie des Hafens von Honfleur, auch daher fanden nun zunehmend Anerkennung. In den tiefliegenden, weiten Horizonten scheint dabei noch immer die Tradition der holländischen Landschaftsmalerei lebendig. Was sein Werk aber von dieser unterscheidet, mehr noch als die Bilder der Maler von Barbizon, sind die eminente Helligkeit und Luftigkeit seiner Ansichten und das Fehlen aller Idealität und Stimmungshaftigkeit.
Ein vorbereitendes Aquarell ist »Bas Meudon 12 mai 1865« bezeichnet (vgl. V. Hefting, Jongkind, Paris 1975, Nr. 349). Von dem Bild sind drei Fassungen bekannt: Eine befindet sich im Virginia Museum of Fine Arts in Richmond, eine weitere im Cleveland Museum of Art. | Angelika Wesenberg