Maria Magdalena, die nach ihrer Begegnung mit Christus ihren sündigen Lebenswandel aufgegeben hatte, wird von Engeln empor getragen – ein Gnadenerweis, der ihr der Legende zufolge während ihres späteren Büßerlebens in Südfrankreich täglich zuteil geworden sei. Bei dieser Erhebung lauschte sie den himmlischen Chören: So empfing sie geistliche Nahrung, die sie statt irdischer Speise zu sich nahm. Auch hätte Gott ihr Haar so lang wachsen lassen, dass es sie wie mit einem Kleid verhüllte. Hans Multscher, an den Höfen Frankreichs ausgebildet, leitete gegen 1430 eine neue Phase der Bildhauerkunst in Süddeutschland ein – parallel zur Malerei eines Lucas Moser und Conrad Witz. Die Glückseligkeit ausstrahlenden Gesichter von Magdalena und den Engeln belegen seine Fähigkeit, seelische Zustände auf eine sehr differenzierte Weise zu erfassen.