Der Spanier Juan Gris gilt heute als einer der Hauptrepräsentanten des französischen Kubismus. Ab etwa 1911 wandte sich der vormalige Illustrator der Malerei zu und begann, in Darstellung und Aufbau eine neue Realität im Bild zu synthetisieren. Für diese Collage definierte er eine Leserichtung von hinten nach vorn. Auf einem Tisch sind eine Pfeife, eine Flasche, ein Glas, eine Karaffe, eine Schale mit Trauben und ein Päckchen Tabak zu sehen. Flache und andeutungsweise illusionistische Bildelemente wechseln sich ab.
Das „Stillleben mit Trauben“ gehört zu den sogenannten „Papiers collés“, den Klebebildern, die Gris' bedeutendsten Beitrag zum Kubismus darstellen. Gris verwendete industriell bedruckte Papiere wie das marmorierte Tapetenmuster im Hintergrund – Dekorationsware, die in der Kunst bis dato keine Rolle gespielt hatte. Mit Gespür für die suggestive Wirkung dieser günstigen Ersatzstoffe spielte Gris mit dem Blick der Betrachtenden, der an vertrauten Details haften bleibt und fehlende Qualitäten ergänzt. So spaltet Gris einen Tisch in verschiedene Aspekte wie Silhouette, Volumen oder Material auf. Das papierne Holzimitat erscheint als abstraktes Vieleck, Streifen von Tischbein und Kante treten in eigenwilliger Diagonale hinzu. Auch Teile eines Etiketts – vermutlich einer Zigarettenschachtel – mit der Inschrift „TABACS REPUBLIQUE FRANCAISE“ stehen nun für den gesamten Gegenstand.
Ein Netz von weißen Flecken lässt sich als Glanzpunkte auf den nur in Umrissen gezeichneten Weinbeeren dechiffrieren. Hier verweist Gris augenzwinkernd auf die große niederländische Trompe-l‘œil-Tradition des 17. Jahrhunderts wie auch auf die legendären Traubendarstellungen des antiken Malers Zeuxis, die von solcher Überzeugungskraft gewesen sein sollen, dass Vögel sie anpickten.