Das kleine Bild mit dem Tempio di Vesta auf der Piazza della Bocca della Verità an der Ostseite der Tiberbrücke Ponte Palatino entstand 1858 in Rom. Lenbach hatte sich der Italienreise seines Lehrers Carl von Piloty angeschlossen, der Studien betrieb zu dem Gemälde »Nero auf den Trümmern Roms« (Magyar Nemzeti Galéria, Budapest). Auch Lenbach studierte die antiken Bauwerke, jedoch unter einem anderen Aspekt: »Es war das Wort Natur, das bei meinem Einzuge in Rom auf meiner Fahne stand« (Gespräche und Erinnerungen, Stuttgart 1904, S. 37 f.). Während der zwei Monate dort entstanden vor dem Objekt sowohl die Studie zum »Titusbogen« (Städtische Galerie im Lenbachhaus, München), nach der Lenbach, zurück in München, ein sehr erfolgreiches Bild malte (Szépművészeti Múzeum, Budapest), als auch diese Studie des berühmten, von korinthischen Säulen umgebenen antiken Rundbaues, der seit dem 16. Jahrhundert irrtümlich Vestatempel genannt wird. »Immer zwischendurch in diesem begeisterten, ja fanatischen Studium nach der Natur habe ich wie ein kleiner Verbrecher, der sich dunkel bewußt ist, daß er auf unrechtem Pfade wandelt, nach meinen geliebten Museumsgefangenen, den Werken der großen Meister, hinübergeschielt und habe Velasquez, Giorgione, Tizian u. a. im geheimen als meine Heiligen angebetet« (ebd., S. 37 f.). | Angelika Wesenberg