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Die Athena-Schale aus dem Hildesheimer Silberschatz

Unbekannt-150/-100

Altes Museum, Staatliche Museen zu Berlin

Altes Museum, Staatliche Museen zu Berlin
Berlin, Deutschland

Am 17. Oktober 1868 stießen Soldaten des 3. Hannoverschen Infanterieregiments beim Aushub eines neuen Schießplatzes am Galgenberg bei Hildesheim auf einen Silberschatz von über 70 Teilen: In drei großen Gefäßen waren Schalen und Becher sorgfältig ineinander gestapelt, die Platten dienten zum Schutz als Deckel; größere Geräte lagen daneben; geborgen wurden sie 2,35 bis 2,80 m tief in einer Grube von 1,66 x 0,90 m. Durch die feuchte Erdlagerung hatten sich alle Lötungen von Henkeln und Füßen gelöst, einige Teile waren durch Korrosion stark beschädigt oder ganz zersetzt. Da der Fund auf dem Gelände der Armee und damit des Staates gemacht worden war, gehörte er diesem zur einen Hälfte, zur anderen den Findern, die eine ansehnliche Abfindung erhielten. Das preußische Kriegsministerium ließ das Silber nach Berlin in die Königlichen Museen überführen, am 17. September 1869 wies König Wilhelm I. es dem Antiquarium zu. Der Hildesheimer Silberfund ist ein Teil eines römischen Tafelservices; sein Reichtum zeigt sich nicht nur in der Menge der Trinkgefäße mit kunstvoll verzierten und glatten Bechern und Schalen, mit Kanne, Schöpfer und großen Weinmischgefäßen, in dem Essgeschirr mit ganzen Sätzen aus flachen Tellern und tiefen Näpfen, Schüsseln, Kasserollen und Servierplatten, in Klapptisch und Kandelaber; besonders deutlich wird er in dem Prunk der Tafelaufsätze. Hier konnte der Besitzer seinen Wohlstand und seinen Geschmack beweisen; sie waren als repräsentative Schaustücke gefertigt und nicht zum Gebrauch bestimmt. Das Hauptstück des Fundes, die Athena-Schale, ist eine von vier Prunkschalen des Tafelservices mit erhabenem Mittelemblem. Das Relief zeigt die jugendliche Göttin schräg auf einem Fels sitzend, die linke Achsel stützt sie auf ihren Schild, die rechte Hand umfasst ein Steuerruder. Sie trägt einen hochgegürteten Chiton und ein Manteltuch, schräg über der Brust wie eine Schärpe die Übel abwehrende Ägis. Die langgelockte Göttin blickt zurück; ihr attischer Helm mit drei Federbüschen, gehalten von liegenden Sphingen, betont die Gegenrichtung. Der Helm und der vorgesetzte Fuß mit Sandale treten freiplastisch aus dem Relief hervor; sie sind gesondert gegossen und angelötet. Die Komposition im Emblemrund schließt ein Fels links vor der Göttin, umwunden von einem Olivenkranz, auf dem ihr heiliges Tier, eine kleine Eule, steht. Ein schmaler Reif mit lesbischem Kymation hält das kostbare hellenistische Reliefemblem, das als Antiquität in frühaugusteischer Zeit neu gefasst wurde, auf dem Grund der Schale, deren innere Wandung ein breiter Fries mit Palmetten und Akanthusblättern ziert. Der besondere Reiz der Athena-Schale liegt in der feinen Anwendung von Blattvergoldung sowohl für das Mittelemblem wie für die dekorativen Zonen der Prunkschale. Die unbekleideten Körperteile der Göttin schimmern matt silbern vor dem gleichfarbigen Hintergrund, während Gewand, Attribute und die beiden Felsformationen golden erstrahlen. Am Emblem förderten neue Untersuchungen zudem eine auf der Vergoldung aufgebrachte Bemalung aus Linien und Punkten ans Licht: auf den Gewandsäumen, der Ägis, dem Schildrand sowie dem Helmbusch; sie zeichnet sich heute weiß ab, war aber einst wohl schwarz wie Tinte. Auf der Schale heben sich die Blätter der Innenwand in Silber plastisch vom Goldgrund ab; an der Außenwand schieben sich silberne vor goldene Lanzettblätter, auf die beide Handhaben übergreifen. Die unterschiedliche Herkunft und Entstehungszeit einzelner Teile des Hildesheimer Silbers, die ungleichen Abnutzungsspuren und Reparaturen sowie fünf verschiedene Besitzernamen auf den Gefäßen und Geräten des Komplexes belegen, dass das Tafelservice über eine längere Zeit gesammelt oder vererbt wurde. Gewichtsangaben – zur Kontrolle für den Besitzer auf vielen Stücken punziert – verraten darüber hinaus, dass von etlichen Gefäßsätzen nur die Hälfte des ursprünglichen Bestandes vorhanden ist.

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  • Titel: Die Athena-Schale aus dem Hildesheimer Silberschatz
  • Ersteller: Unbekannt
  • Datierung: -150/-100
  • Ort: Hildesheim, Deutschland
  • Abmessungen: h32,5 cm
  • Typ: Schale
  • Material: Silber, teilvergoldet und ursprünglich bemalt
  • Sammlung: Antikensammlung, Staatliche Museen zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz
  • Inv.-Nr.: Misc. 3779, 1
  • ISIL-Nr.: DE-MUS-814319
  • Externer Link: Altes Museum, Staatliche Museen zu Berlin
  • Copyrights: Text: © Verlag Philipp von Zabern / Antikensammlung, Staatliche Museen zu Berlin / Gertrud Platz-Horster Audio: © Tonwelt / Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz || Photo: © b p k - || Photo Agency / Antikensammlung, Staatliche Museen zu Berlin / Johannes Laurentius
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