Lucas Cranach, seit 1505 Hofmaler der Kurfürsten von Sachsen, ist allgemein bekannt als Schöpfer feingliedriger Frauenakte, die sich in ihrer manirierten Grazie ähneln wie die Mitglieder einer Familie. Diese Möglichkeit leichten Erkennens verursachte mehr Popularität als Wertschätzung. Dennoch waren Cranachs früheste Werke (datiert seit 1502) von einer Selbständigkeit und Kraft, die zeigen, daß er als Meister höchster Begabung begann. Der ausgestellte Holzschnitt, von dem nur dieses Exemplar bekannt ist, ist eine seiner frühesten Arbeiten, entstanden kurz vor einem ähnlichen Kreuzigungsblatt, das 1502 datiert ist und von dem immerhin 2 Abzüge erhalten sind (Berlin und New York). Erschreckend brutal die Anheftung des linken »bösen« Schachers: Füße genagelt, der gebrochene Körper mit einem Strick um den Hals an den Stamm gebunden. Der rechte, »gute«, von massiger Körperlichkeit. Schwer zu entwirren die Gruppe unter den Kreuzen: links vorn die klagen den Frauen mit Johannes, rechts zwei Hauptleute zu Pferd, zu ihren Füßen Leichen als Zeichen für Richtstätte. In der zweiten Reihe ganz rechts ein Ungar, zentral ein sich umarmendes Paar von hinten, links ein Mann mit Federhut und, grob, der Träger des Essigschwammes – schon völlig Cranachsche Typen. Zu äußerst rechts ein Baumstumpf mit kahlen Ästen und wenig Blattwerk.