Die reichsten Goldfunde der Antike stammen aus den Grabhügeln skythischer Fürsten im nördlichen Schwarzmeergebiet. Die Antikensammlung besitzt nach der Ermitage in St. Petersburg und dem Museum in Kiew die bedeutendste Sammlung skythischen Goldes. Ausgestellt im Alten Museum zwischen Werken der antiken Goldschmiedekunst, wird das Eigenständige der skythischen Kultur sichtbar. Die europäischen Skythen gehörten zu Reiternomaden, die sich zwischen dem 9. und 3. Jahrhundert v. Chr. von der eurasischen Steppe über Süd-Sibirien etappenweise nach Westen ausbreiteten und über den Kaukasus bis nach Mesopotamien und Ägypten zogen. Zu ihren westlichen Nachbarn, den Thrakern und Griechen, entwickelten die Skythen intensive und fruchtbare Kontakte. Herodot von Halikarnass bereiste das Land der Skythen um 450 v. Chr. und berichtete im 4. Buch seiner Historien staunend und schaudernd über ihre exotische Lebensweise, die Kampftaktik der ›verbrannten Erde‹, die rituelle Tötung von Menschen und Pferden – etwa bei Trauerfeiern für einen verstorbenen König – und über ihre prunkvollen Grabbeigaben. Die Herkunft des im Überfluss verwendeten Goldes vermutete Herodot in den heute noch ergiebigen Lagerstätten des östlichen Kasachstan und im Altai-Gebirge; aber auch der Import von Flussgold aus dem nahen Kolchis (Georgien) ist denkbar. Die Griechen deckten den größten Teil ihres Bedarfs an Getreide über die Skythen; diese hingegen bedienten sich der Kunstfertigkeit ionischer Goldschmiede, die wiederum das eigene Kunsthandwerk beeinflussten. Der ›Fisch von Vettersfelde‹, Dekor eines Schildes, ist ein hervorragendes Beispiel solchen Zusammenwirkens im sog. Skythischen Tierstil. Gefunden wurde er am 5. Oktober 1882 von einem Bauern auf dem Gut des Prinzen Heinrich zu Schönaich-Carolath südöstlich von Guben in der Niederlausitz (heute Polen). Zu dem sensationellen Goldschatz gehörten neben dem Fisch eine große Vierpass-Zierplatte (17 x 17 cm), ein Kurzschwert (Akinakes) mit Scheide – beide ebenfalls reich mit Tieren dekoriert – und filigran verziertem Ortband (Kriegsverlust), eine geflochtene Kette (Länge 71 cm), ein Ohrgehänge und zwei Anhänger, ein ›Schleifstein‹ mit Goldtülle (Talisman?, Länge 16,4 cm), ein offener Armreif mit Schlangenköpfen und ein massiver Halsring (Durchmesser 21 cm) mit demselben Gewicht wie der Fisch (Kriegsverlust) sowie weitere Kleinteile. Die aus 18-karätigem Gold gefertigten Objekte wurden vermutlich in derselben Werkstatt hergestellt. Aber nicht allein die Entdeckung eines solch großen und in seiner Zusammensetzung singulären Goldschatzes war eine Sensation; viel mehr noch irritiert bis heute der Fundort über ca. 1.500 km nordwestlich des Siedlungsgebietes der europäischen Skythen am Dnjepr und an der Nordküste des Schwarzen Meeres, wo seit dem frühen 18. Jahrhundert ähnliche Goldobjekte ausgegraben worden waren. Dort bargen mächtige Grabhügel fürstlicher Bestattungen (russ. Kurgan) die reichen Beigaben, während der Hortfund von Vettersfelde beim Pflügen zutage trat; Nachgrabungen im Sommer 1883 erbrachten keinen Hinweis auf eine Bestattung. Neuere deutsch-polnische Grabungen lassen vermuten, dass sich dort ein Opferplatz befand. Fraglich bleibt aber, ob die Skythen tatsächlich um 500 v. Chr. mit einem einmaligen, kurzen Einfall so weit nach Nordwesten in die eisenzeitlichen Siedlungen der sog. Billendorfer Kultur zwischen Neiße und Oder vorgedrungen sind. Der Fisch ist aus starkem Goldblech getrieben und auf der Vorderseite variabel mit Punzierung verziert. Die Brustflosse teilt den Leib in zwei Reliefzonen: auf der oberen schlägt ein Panther einen Eber und ein Löwe einen Hirsch, darüber – beschädigt – ein springender Hase; in der unteren Zone führt ein bärtiger Triton, mit der Linken einen Delphin schwingend, einen Fischschwarm an; in der Mitte der Schwanzflossen, die in Widderköpfen enden, breitet ein Adler sein Gefieder aus. Das große Auge des Fisches leuchtete einst in farbigem Glas. Auf der Rückseite zeugen vier Ringösen (drei weitere sind ausgerissen) von der einstigen Befestigung auf einem festen Träger, vermutlich ein Rundschild mit Eisenbeschlag: auf einem solchen lag das goldene Hirschemblem von Kostromskaja Stanica im Kuban-Gebiet. Die schriftlose Kultur der skythischen Reiternomaden erlaubt nur Vermutungen über die totemistische Bedeutung des Schildzeichens: die Beherrscher des Himmels (Adler), des Wassers (Triton) und der Erde (Löwe, Panther) mögen ihre Kräfte auf den fürstlichen Heerführer übertragen. Die geringen Abnutzungsspuren an allen Teilen des Fundes deuten auf eine kurze Tragdauer. Die groben Beschädigungen sprechen dafür, dass die goldenen Reliefbleche in Eile von einem Schild (Fisch) und vielleicht einem Körperpanzer (Vierpass) abgerissen, mit den übrigen Waffen- und Schmuckteilen zusammengerafft, entwendet und als Hort niedergelegt wurden.