1829, nach der Rückkehr von seinem Pariser Studienaufenthalt, griff Gaertner in einem Aquarell zum ersten Mal das Motiv der Neuen Wache auf (Stiftung Stadtmuseum Berlin), die König Friedrich Wilhelm III. nach Plänen Karl Friedrich Schinkels im Gedenken an den siegreichen Befreiungskampf Preußens gegen die napoleonische Besetzung auf Berlins Pracht- und Triumphstraße Unter den Linden hatte errichten lassen. In dem vier Jahre später entstandenen Gemälde hat Gaertner die Staffage zugunsten der Gebäude deutlich reduziert. Rechts erscheint die Ostseite der Neuen Wache, dahinter die vorspringende Fassade der Universität. Gegenüber sind die von Knobelsdorff errichtete Königliche Oper und die barocke Fassade der Bibliothek zu sehen.
Die eigentümliche Leere des Vordergrundes sowie die dunklen Umrisse für geplante, aber nicht ausgeführte Figuren an den Säulen und Wänden der Neuen Wache lassen die verworfene Idee einer belebten Straßenansicht erkennen. Offensichtlich entschied sich Gaertner dann für diese architekturbetonte Fassung, in der das Standbild des Generals von Scharnhorst vor der Neuen Wache dominiert. Umhüllt von seinem Mantel lehnt der große Feldherr und Erneuerer des preußischen Heeres an einem Eichenstamm. Auf seine Verdienste verweisen auch die mythologischen Szenen der Sockelreliefs, in denen Jünglinge von Minerva in der Kriegskunst unterwiesen werden. Als Pendant zum Scharnhorst-Standbild erscheint auf der Mittelachse des Bildes die perspektivisch stark verkleinerte Statue des Grafen Bülow, der wie Scharnhorst gegen Napoleon zu Felde gezogen war. Die Standbilder der Generäle Scharnhorst und Bülow waren nach einer Idee von Schinkel und Christian Daniel Rauch ausgeführt und 1822, am siebten Jahrestag der Schlacht von Belle-Alliance, enthüllt worden.
Gaertner widmete sein Gemälde dem Architektur- und Skulpturenprogramm der ›via triumphalis‹ Unter den Linden. Das Licht des anbrechenden Abends und die ungewöhnliche Stille auf Berlins Hauptstraße verleihen dem programmatischen Bild eine feierliche Stimmung. | Birgit Verwiebe
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