Kampf um Europa
Das Saarstatut der Pariser Verträge wurde sowohl durch die französische Nationalversammlung als auch durch den Deutschen Bundestag ratifiziert. Am Ende bedurfte es nur noch der Zustimmung der saarländischen Bevölkerung, die am 23.10.1955 dazu aufgerufen war, erstmals in einem Referendum über die Zugehörigkeit zu Europa zu entscheiden.
Zur Gewährleistung eines freien Meinungswettbewerbs wurden die vormals verbotenen prodeutschen Parteien, die liberale DPS, die Sozialdemokratische DSP und die CDU, drei Monate vor dem Referendum zugelassen. Ihre ablehnende Haltung gegenüber dem von der Regierung unterstützten Europäischen Statut ließ einen dramatischen Abstimmungskampf entstehen, der die Gesellschaft spaltete und das öffentliche Leben außerordentlich stark politisierte. Auch die Gegner des Statuts waren grundsätzlich für ein vereintes Europa. Doch sie wollten zuerst „Deutsche“ und erst in zweiter Linie „Europäer“ sein. Zwei Drittel der Wähler teilten ihre Auffassung und stimmten gegen das Statut. Seit 1955 wurden Alternativen zum „Europa der Vaterländer“ im europäischen Integrationsprozess kaum mehr ernsthaft erwogen.