Wie einst Heinrich von Kleist den »Mönch am Meer«, so beschrieb Cézanne kongenial die mächtige »Welle« Courbets: »… die in Berlin ist wunderbar, eines der Wunder des Jahrhunderts, viel beweglicher, viel gespannter, mit einem giftigeren Grün, mit einem schmutzigeren Orange, als diese hier [Musée du Louvre,Paris], mit der schaumigen Gischt der Flut, die aus der Tiefe der Ewigkeit kommt, dem zerfetzten Himmel und der fahlen Schärfe. Es ist als käme sie gerade auf einen los, man schrickt zurück. Der ganze Saal riecht nach Wasserstaub«. 1869 in Etretat, in einem unmittelbar am Meer gelegenen Atelier, hatte Courbet anbrandende Wellen studiert. Er suchte ihre Gewalt und ungestüme Kraft durch radikale Bildmittel zu erfassen. Die zeitgenössische Kritik sah in den 1869/70 gemalten Wellenbildern auch eine politische Botschaft, republikanische Agitation, ein Bild der Kraft des Volkes. Reine Ansichten der Natur symbolisch zu verstehen, hatte bereits die Romantik gelehrt. Die einzelne Woge gibt den Ausschnitt einer Unendlichkeit, wie das stürzende Wasser den flüchtigen Moment der Dauer. Die gespachtelte und geschichtete Farbe, mit dem Palettmesser großflächig verstrichen, gibt der Darstellung des bewegten Elementes mauerhafte Festigkeit. Die Verbindung von Flüchtigkeit und Dauer hob bereits der Dichter Baudelaire an den Arbeiten Courbets hervor.
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