Ihren Namen hat die Statue von ihrem Fundort erhalten, denn sie wurde 1858 von Fischern bei Xanten im Rhein entdeckt, als der Fluss extremes Niedrigwasser führte. Das Werk war sehr gut erhalten, nur der rechte Arm ist unterhalb der Schulter abgebrochen und verloren. Die Statue zeigt die Altersmerkmale eines Knaben von etwa zwölf Jahren mit weichen Körperformen und einem noch etwas kindlichen, runden Gesicht. [...] Das Haar schmückt ein Kranz aus Früchten, von denen Eicheln, Ähren, Trauben, Mohn, Pinienzapfen und ein Granatapfel zu erkennen sind, dazu Blumen. Die leicht geöffnete linke Hand zeigt an, dass der Knabe ein Tablett, ein ferculum, gehalten hat. Er gehört somit in die Gattung der »stummen Diener«, wie sie in römischer Zeit das vornehme Gastmahl gerahmt haben. Wir dürfen uns auf dem Tablett kostbare silberne Gefäße vorstellen. Die römische Aristokratie hatte seit dem 1. Jahrhundert v. Chr. einen großen Bedarf an solchen stummen Dienern. Weil ein Teil von ihnen Lampen hielt, hat man sie unter dem Begriff der Lychnouchoi (Lampenträger) zusammengefasst. Meist wurden Jünglingsfiguren gewählt, die sich in ihrem ruhigen Standschema an spätklassischen Vorbildern orientierten. Der Xantener Knabe dagegen mit der Kinderfrisur und der starken Bewegung schließt an Werke des Hellenismus an, wie wir sie aus dem Schiffsfund von Mahdia kennen, sowie an statuarische Darstellungen des Gottes des Schlafes, Hypnos. [...] Entstanden ist die Bronze wohl noch im späteren 1. Jahrhundert v. Chr., worauf neben stilistischen und kompositorischen Merkmalen späthellenistischer Tradition auch einige technologische Details deuten.