In einer felsigen Landschaft mit Höhlen liegt auf dem moosbedeckten Boden ein Jaguar im Vordergrund, der als junges Weibchen identifiziert wurde. Lang ausgestreckt, die rechte Flanke dem Betrachter zugewandt, die Augen geschlossen, erweckt es den Anschein zu schlafen. Das kleinere Jungtier im Hintergrund zeigt Cuyp dagegen in angespannter Körperhaltung, mit hochgestellten Ohren, zurückgezogenen Lefzen und dem aufgerichteten Schwanz. Sein direkter Blick der funkelnden Augen fesselt den Betrachter.
Der Maler Jacob Gerritsz Cuyp hat seine Beobachtungen möglichst naturalistisch widergegeben: Man sieht die übereinandergelegten, ausgestreckten Hinterläufe, die abgeknickte rechte Pfote, während der linke Vorderlauf die Unterseite freigibt und aus dem Bild hervorzutreten scheint. Der geöffnete Mundwinkel lässt Zunge und Eckzähne sichtbar werden.
Cuyp war der bedeutendste Porträtmaler Dordrechts in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Berühmtheit erlangte er nicht zuletzt aufgrund seiner Kinderbildnisse, die er vor eine Landschaft setzte. Hier malt er ein für die holländische Malerei vergleichsweise seltenes reines Tierstück. Diese waren jedoch meist dem gängigen Haus- und Nutzierbestand gewidmet. Ein Jaguar hingegen ist ein hoch exotisches Wesen und als einzige grosse Raubkatze der Neuen Welt zu jener Zeit in Europa eine riesige Sensation. Die ersten Exemplare wurden wohl im Zuge der holländischen Kolonialisierung Südamerikas von brasilianischen Expeditionen in die Niederlande gebracht. Vielleicht hat Cuyp die Tiere in der berühmten Menagerie des Statthalters in den Haag gesehen.
Von grösstem Talent zeugt die Malerei Cuyps, die im Fell der beiden Jaguare höchste Virtuosität erreicht. Detail- und kenntnisreich werden auch feine Barthaare, Krallen, die Unterseite einer Pfote oder Glanzlichter im Fell umgesetzt.