Der Stilllebenmaler Jacob Marrel, Sohn Antwerpener Emigranten, war vor allem in Frankfurt am Main tätig, wo auch dieses Gemälde entstand. Das Vanitas-Stillleben mit Geige, Totenschädel und Blumenstrauß steckt voller Symbole und gehört zu den faszinierend vielschichtigen Werken des Barock.
Vanitas, der Titel des Bildes, bedeutet „Eitelkeit“. „Eitel“ wiederum ist mit „wertlos“ oder „vergänglich“ gleichzusetzen. „Vanitas“-Stillleben weisen also auf die Endlichkeit des diesseitigen Lebens hin. Sie raten sich nicht vergebens an Vergängliches zu klammern und fordern zugleich dazu auf, den Blick auf das Jenseits zu richten.
Im Bild finden sich zahlreiche Hinweise auf die Vergänglichkeit: Die prachtvollen Blüten des Blumenstraußes werden verwelken und die Töne der an der Wand lehnenden Geige vergehen. Flüchtig ist auch die Liebe, die in dem aufgeschlagenen Notenbuch besungen wird, der Tabak löst sich in Rauch auf und die fragilen Seifenblasen zerplatzen. Fast drastisch erscheint die Mahnung des Totenschädels, der auf einem Bücherstapel ruht. Die Gegenstände sind sorgfältig vor der rundbogigen Wandnische arrangiert und meisterhaft täuschend ausgeführt. Die Erinnerung an die Endlichkeit ist zugleich ein Fest des Lebens. Und so lassen sich die darstellten Gegenstände auch als Anspielungen auf die im Barock häufig verwendeten fünf Sinne – Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Tasten – verstehen.
Ein verstecktes Detail des Bildes ist das Selbstporträt, das Marrel zusätzlich zu der Signatur auf dem Brief rechts im Vordergrund einfügte. Im Glas der Vase spiegelt sich neben einigen im Gemälde wiedergegebenen Gegenständen der Maler selbst. Der Künstler überdauert in und mit seinem Werk. Die Malerei feiert somit mit dem Gemälde einen stillen Triumph über die Vergänglichkeit alles Seins.