Aristide Maillol arbeitete über zehn Jahre an der Bronzeskulptur Venus, die in moderner Form die römische Göttin der Liebe darstellt. Wie viele andere Künstler nach dem Ersten Weltkrieg suchte auch Maillol nach „Ordnung“ und setzte sich in bewusster Abgrenzung zur Avantgarde intensiv mit der Antike auseinander. Auf diese Art schloss er sich der auf Jean Cocteaus Essaysammlung Le Rappel à l’ordre (1926) beruhenden Denkrichtung an, die das siegreiche Frankreich als die wahre Erbin der Antike sah. Im Kern geht Maillols Venus auf den antikisierenden Torso zurück, den er 1910 für die Mythenfigur Sommer schuf. Wie auch diese Skulptur entwickelte Maillol seine Venus in mehreren Schritten: 1925 beispielsweise wurde sie ohne Arme in einer Publikation abgebildet, 1928 dann mit Armen und einer Halskette ausgestellt. Die Bremer Version zeigt die Venus ohne Attribute und konzentriert den Blick des Betrachters auf die Figur. In ihrer plastischen Durchformulierung, dem Kontrapost und dem gleichmäßig geschnittenen Profil entspricht sie dem antiken Schönheitsideal. Dem aber widersprechen die kräftigen, schweren Körperteile, die Maillol zur stereometrischen Grundform vereinfachte. Bei Maillols Akten herrscht das Körperliche über den Ausdruck, was ihnen einen zeitlosen Charakter verleiht.
Interessiert am Thema „Visual arts“?
Mit Ihrem personalisierten Culture Weekly erhalten Sie Updates
Fertig!
Sie erhalten Ihr erstes Culture Weekly diese Woche.