Die nackte Frauengestalt steht mit rund ausschwingender Hüfte in einem elegant ausbalancierten Kontrapost, so dass jede ihrer Ansichtsseiten eine harmonisch ausgewogene Silhouette ergibt. Ihren Kopf hat sie nach links zum angewinkelten Arm gewendet, in dessen erhobener Hand sie einst ein Attribut hielt, an dem man die Figur leicht hätte identifizieren können. Zunächst dachte man an einen Spiegel, in dem sie ihre Schönheit bewunderte. Sie wäre dann als Venus, als Göttin der Schönheit und der Liebe zu bezeichnen. Doch die feinen, winzigen Bohrungen in ihren Händen weisen darauf hin, dass sie vermutlich ein mit Drähten befestigtes Tuch hielt, das sich hinter ihrem Rücken wie ein Segel aufblähte. Ein solches Tuch ist typisch für Darstellungen der Fortuna. Auch wenn die Erdkugel, auf der die wankelmütige Glücks göttin Fortuna balancierend das Schicksal lenkt, zu ihren Füßen fehlt, sollte doch ihre Herkunft in einem ähnlichen Kontext gesucht werden. Im Gegensatz zu Aktdarstellungen der Frührenais - sance besticht die Berliner Figur durch ihre höfische Eleganz. In der Allansichtigkeit und den fließenden Körperformen spiegeln sich manieristische Tendenzen der italienischen Spätrenaissance wider, die der Goldschmied und Medaillist Christoph Weiditz während seiner Tätigkeit am Hof Karls V. kennen lernte.