Wisent

Bison bonasus. Auch Europäischer Bison. Bialowieza, Polen. 2005. Kalb: Tiergarten Schönbrunn. 1923.

Anders als die meisten Objekte des NHM wird die Wisentgruppe in einer natürlich anmutenden
Umgebung präsentiert. Die erwachsenen Tiere stammen aus dem Schutzgebiet in Bialowieza.

UNGEWISSE ZUKUNFT
Seit der Ausrottung des Auerochsen ist der Wisent die einzige europäische Wildrindart und außerdem das größte und schwerste Landsäugetier Europas. Sein nächster Verwandter ist der amerikanische Bison. In der direkten Ahnenreihe unserer Hausrinder kommt er nicht vor – 
diese stammen vom Auerochsen ab.
Bis in das frühe Mittelalter durchstreiften zahlreiche Wisente in kleinen Herden weite Teile Europas; danach wurden sie intensiv gejagt und ihr Lebensraum wurde durch Abholzung und Landwirtschaft zerstört. Im Wald von Bialowieza in Ostpolen durften sie jedoch nur mit Bewilligung des polnischen Königs erlegt werden. 1857 lebten dort noch 1.900 Wisente! Nach 1900 nahm ihre Zahl aber rapide ab, und zwanzig Jahre später gab es in Bialowieza kein einziges Wildrind mehr. Das letzte frei lebende Tier wurde 1927 im Kaukasus geschossen.
Als um 1920 Bemühungen einsetzten, die Art zu erhalten, spielte Bialowieza erneut eine entscheidende Rolle. Die Nachkommen jener Wisente, die im 19. Jahrhundert von dort an Zoos und Tiergehege verschenkt worden waren, stellten die Basis für die Weiterzucht dar. Heute befindet sich im Nationalpark von Bialowieza eines der bedeutendsten Wisent-Reservate.
Obwohl ihre Zahl mittlerweile wieder auf über 2.000 angestiegen ist und sie in mehr als 30 Schutzgebieten wieder angesiedelt wurden, ist die Zukunft der letzten europäischen Wildrinder nicht völlig gesichert. Alle heute lebenden Wisente stammen nämlich von nur zwölf Tieren ab, und es treten immer wieder Erkrankungen auf, die höchstwahrscheinlich auf Inzucht zurückzuführen sind. Wie sich die geringe genetische Vielfalt langfristig auswirken wird, kann niemand vorhersagen.