Musik aus der Dose. Emil Berliner und das Grammophon

Von "Museum für Kommunikation Nürnberg, Museumsstiftung Post und Telekommunikation"

Museum für Kommunikation Nürnberg, Museumsstiftung Post und Telekommunikation

Emil Berliner (1851-1921) erfindet 1887 das Grammophon, den mechanischen Vorläufer des
elektrischen Plattenspielers. Später entwickelt er mit der Schellackplatte ein Medium,
das Musikaufnahmen massenhaft reproduzierbar macht. Als kluger Geschäftsmann
weiß der Deutsch-Amerikaner seine Patente zu vermarkten und gründet eine der
ersten großen Plattenfirmen.

Gemälde "Emile Berliner" (1990) von Gottfried Helnwein (*1948)Museum für Kommunikation Nürnberg, Museumsstiftung Post und Telekommunikation

Emil Berliner (1851-1921) ist der Erfinder des Grammophons und der Schallplatte.

Die erste bedeutende Erfindung des Deutsch-Amerikaners ist jedoch das Kohlemikrofon, das er zeitglich mit Hughes und Edison entwickelt.

Er verkauft sein Patent 1877 gewinnbringend an Alexander G. Bell, der es als Bauteil für das Bell-Telefon verwendet. Durch den Verkauf macht sich Berliner finanziell unabhängig und gründet ein eigenes Forschungslabor.

Edison Standard Phonograph (1898) von Edison's National Phonograph Company (1896 - 1910)Museum für Kommunikation Nürnberg, Museumsstiftung Post und Telekommunikation

„Mary Had a Little Lamb“, Tonaufzeichnung Phonograph, gesprochen von Thomas Alva Edison, 1927, © Public Domain
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Der Vordenker: Ausgangspunkt Emil Berliners Audio-Experimente sind die innovativen Erfindungen von Thomas Alva Edison (1847-1931).

Zinnfolienphonograph nach Thomas Alva Edison (1878) von Edme HardyMuseum für Kommunikation Nürnberg, Museumsstiftung Post und Telekommunikation

Erste Tonaufnahmen: Thomas A. Edison gelingt es 1877 mit dem Zinnfolienphonographen erstmals, Töne akustisch-mechanisch aufzunehmen, zu speichern und auch wiederzugeben.

Speichermedium ist die mit Zinnfolie bezogene Walze. Wird sie gedreht und in den Trichter gesprochen, erfolgt die Aufnahme der Tonspur als Tiefenschrift.

The recording medium is the cylinder covered with tin foil.

If it is rotated and one speaks into the funnel, the sound is recorded in the vertical recording process.

Grammophon für die ersten 12,5 cm Berliner-Schallplatten (1890 - 1893) von Grammophon-Fabrik Kämmer, Reinhardt & Co. (1890 - 1895)Museum für Kommunikation Nürnberg, Museumsstiftung Post und Telekommunikation

Emil Berliner singt „Auld Lang Syne“, Tonaufnahme Grammophon, 1890, © Public Domain
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Berliners Erfindungen: Im Jahr 1887 reicht Emil Berliner das US-Patent für das Grammophon und die dazugehörige Schallplatte ein. Der mechanische Vorläufer des Plattenspielers ist erfunden.

Als wesentliche Neuerung seines Apparats gilt die Zinkschallplatte: Die Tonspur ist hier, anders als bei der Edison-Walze, als Seitenschrift in ein flaches Trägermedium geschrieben.

Das frühe Grammophon hat einen Trichter aus Pappmaché, der fest mit dem Tonarm und der Schalldose verbunden ist. Über die Handkurbel wird die Schallplatte in Bewegung gesetzt und der Ton hörbar.

Trichter-Grammophon "Monarch de Luxe No. 15b" (um 1905) von Gramophone & Typewriter Ltd. (1900 - 1907)Museum für Kommunikation Nürnberg, Museumsstiftung Post und Telekommunikation

Das fertige Produkt: Ab 1896 gibt es die Schellackplatte, mit der eine Musikaufnahme unendlich oft reproduziert werden kann. Auch das Grammophon ist technisch verbessert und hat einen Federmotor als Antrieb.

Grammophon-Schellackplatte und Schallplattenhülle der Marke "Grammophon" (1935) von Deutsche Grammophon GesellschaftMuseum für Kommunikation Nürnberg, Museumsstiftung Post und Telekommunikation

Das Label: Emil Berliner ist 1898 Mitbegründer der Plattenfirma „Deutsche Grammophon AG“. Das Warenzeichen „His Master’s Voice“ und den Hund „Nipper“ als Werbemotiv sichert er sich im Jahr 1900.

"Der sprechende Feldpostbrief" (1942) von Metallophon; Deutsches Rotes KreuzMuseum für Kommunikation Nürnberg, Museumsstiftung Post und Telekommunikation

„An meine lieben Eltern“, Sprechbrief von Marion Lüddeckens, Berlin, 22.12.1938, Deutsche Photomaton Gesellschaft, © Museumsstiftung Post und Telekommunikation
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"Voice Mail": 1907 versendet Emil Berliner eine Schallplatte als "gesprochenen Brief". Einige Jahre später kann ein jeder besprochene Platten mit eigener Sprachnachricht per Post verschicken.

Fotografie Nr. 5 aus der Serie: "Da kommt ja wirklich Musik heraus!" (um 1975) von Manfred DummerMuseum für Kommunikation Nürnberg, Museumsstiftung Post und Telekommunikation

Die Ära Grammophon

Im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts sind große Trichtergrammophone modern. Später ändern sich die Geschmäcker und die Schalltrichter verschwinden im Inneren der Apparate. Manche Grammophone sind komplett in Möbel verbaut: in Schränke, Truhen oder Tische. In den musikbegeisterten 1920er Jahren kann man – dank des mobilen Koffergrammophons – nun wirklich überall Musik hören.

Gaststätten-Münzgrammophon "Mammut" mit Blumentrichter (1906-1908) von Mammut-Werke, Carl BelowMuseum für Kommunikation Nürnberg, Museumsstiftung Post und Telekommunikation

Der Blumentrichter: Auf der Leipziger Frühjahrsmesse des Jahres 1906 ist der große Blumentrichter die Sensation der Saison in Sachen Grammophon-Design, gern bemalt in kräftigen Farben.

Gaststätten-Münzgrammophon mit Schwanenhalstrichter (um 1910)Museum für Kommunikation Nürnberg, Museumsstiftung Post und Telekommunikation

Das Gaststätten-Münzgrammophon: Meist mit einer 10 Pfennig-Münze wird die Automatik der öffentlichen Musikapparate in Gang gesetzt und die Musik der Schellackplatten erfüllt den Raum.

Tisch-Grammophon "Dressola Phonoplast" (1928) von Dressola Sprech-Apparatebau-Bau GmbHMuseum für Kommunikation Nürnberg, Museumsstiftung Post und Telekommunikation

Der verborgene Schalltrichter: Ab den 1910er Jahren ändert sich der allgemeine ästhetische Geschmack und die Grammophon-Trichter verschwinden im Inneren der Musikapparate.

Grammophon "Ultraphon" (1925 - 1932) von Deutsche Ultraphon AGMuseum für Kommunikation Nürnberg, Museumsstiftung Post und Telekommunikation

"Ultraphon spiegelt den Ton!" So lautet der Werbespruch für dieses Grammophon, das Raumklang simuliert. Für den Pseudo-Stereosound sorgen jeweils zwei Tonabnehmer, Schalldosen und Schallöffnungen.

Schrank-Grammophon der Marke "Burgspiel Instrumente" (um 1930) von Musik Schulz, (Vertrieb)Museum für Kommunikation Nürnberg, Museumsstiftung Post und Telekommunikation

Das Schrank-Grammophon: Komplett im Möbelstück eingebaut sind Grammophontechnik samt Schalltrichter. Außerdem gibt es extra Stauraum für Zubehör, wie Schallplatten und Tonnadeln.

Stehlampe mit eingebautem Schallplattenspieler (um 1925)Museum für Kommunikation Nürnberg, Museumsstiftung Post und Telekommunikation

Der Elektromotor: Dank Stromanschluss funktionieren der Motor des Musikapparates und die elektrische Beleuchtung. Versteckt unter einem Lampenschirm ist das Grammophon nicht zu sehen.

Koffer-Grammophon "106" (um 1935) von Electrola GmbH (1925 - 1972)Museum für Kommunikation Nürnberg, Museumsstiftung Post und Telekommunikation

Das mobile Grammophon: Praktisch zu transportieren ist das Koffer-Grammophon. Es funktioniert mit einem Federmotor ganz ohne Strom und ist ab den 1920er Jahren bis in die 1950er Jahre hinein beliebt.

"Electrola" Elektrischer Tonabnehmer für Grammophone zum Anschluss an Rundfunkgeräte (1925 - 1935) von Electrola GmbH (1925 - 1972)Museum für Kommunikation Nürnberg, Museumsstiftung Post und Telekommunikation

Die Elektrifizierung der Phonoobjekte...

...beginnt in Deutschland in Zusammenhang mit der Verbreitung des Rundfunks in den 1920er Jahren. Immer mehr Haushalte sind nun an das Stromnetz angeschlossen.

Grammophon-Schellackplatte und Schallplattenhülle der Marke "Kristall" (1933 - 1937) von Kristall-Schallplatten GmbH (1933-1937)Museum für Kommunikation Nürnberg, Museumsstiftung Post und Telekommunikation

Neue Klangqualität: Das elektrische Aufnahmeverfahren mit Mikrofon und Verstärker revolutioniert 1925/26 das Schallplattengeschäft durch eine immense Erweiterung des Frequenzbereichs der Tonaufnahme.

Schallplattenschneidegerät "EIa 103/1" (um 1930) von Telefunken Gesellschaft für drahtlose Telegraphie m.b.H (1923 - 1955); Reichs-Rundfunk-Gesellschaft RRG (1925 - 1945 [liquidiert 1961])Museum für Kommunikation Nürnberg, Museumsstiftung Post und Telekommunikation

Live-Mitschnitt auf Tonfolie: In den Anfängen des Rundfunks werden Sprechbeiträge vor allem live übertragen. Möchte man sie zu einem späteren Zeitpunkt oder mehrmals senden, nutzt man Tonfolie als flexibles Speichermedium.

Roentgenizdat-Schallplatte "Louis Armstrong" (1950er Jahre)Museum für Kommunikation Nürnberg, Museumsstiftung Post und Telekommunikation

"Rock auf den Knochen" (рок на костях) ist eine umgangssprachliche Bezeichnung für schwarzgehandelte, illegale Musikaufnahmen auf Röntgenfolie, in der Sowjetunion der 1950er bis 1960er Jahre.

Musiktruhe Arizona (1970) von Blaupunkt GmbH [bis 1952 Apparatebau] (1945 - 2008)Museum für Kommunikation Nürnberg, Museumsstiftung Post und Telekommunikation

Das Erbe Berliners – Vinyl als Lifestyle: Heute speichern und konsumieren wir Musik vorwiegend digital. Grammophon und Schallplattenspieler stehen bereits im Museum. Dennoch erlebt die Vinylschallplatte zur Zeit ein Revival. Musikliebhaber schätzen die besondere Haptik und Langlebigkeit des analogen Tonträgers.

Das Ritual des Auflegens und Abspielens der Schallplatte macht Musikhören zum faszinierenden Ereignis – heute wie damals, als Emil Berliner vor mehr als 100 Jahren die Musik der ersten Schellackplatte auf dem Grammophon erklingen lässt.

Mitwirkende: Geschichte

Musik aus der Dose. Emil Berliner und das Grammophon
Eine virtuelle Ausstellung der Museumsstiftung Post und Telekommunikation.

Kuratorin: Helene Weidner

Alle Objekte aus dem Bestand der Museumsstiftung Post und Telekommunikation.

www.museumsstiftung.de

Quellen:
Gauß, Stefan: Nadel, Rille, Trichter. Kulturgeschichte des Phonographen und des Grammophons in Deutschland (1900-1940), Böhlau Verlag, Köln, Weimar, Wien 2009

Große, Günter: Von der Edisonwalze zur Stereoplatte, Lied der Zeit Musikverlag, Berlin 1989

Haffner, Herbert: „His Master’s Voice“ Die Geschichte der Schallplatte, Parthas Verlag, Berlin 2011

Quelle: Alle Medien
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