Ein Leben ohne Internet ist heute nicht mehr vorstellbar. Die Weichen dafür stellt 1977
der Vorläufer des Internets: Der interaktive Online-Dienst Bildschirmtext, kurz
„BTX“. Betreiber des Systems ist die Deutsche Bundespost. Jedoch
bleibt der Erfolg von BTX hinter den Erwartungen zurück und wird 2001
abgeschaltet.
Seite aus dem Bildschirmtext (BTX) der Deutschen Bundespost mit Grußwort des Bundespostministers Kurt Gscheidle an die Teilnehmer des Feldversuchs (um 1979)Museum für Kommunikation Nürnberg, Museumsstiftung Post und Telekommunikation
Die Deutsche Bundespost präsentiert BTX auf der IFA in Berlin und ab 1980 starten erste Feldversuche in Berlin und Düsseldorf.
Knotenrechner "IBM Series/1" (ab 1976) von International Business Machines Corp. (IBM)Museum für Kommunikation Nürnberg, Museumsstiftung Post und Telekommunikation
Um BTX deutschlandweit nutzbar machen zu können, muss die nötige Infrastruktur dafür eingerichtet werden. Den Zuschlag für die Netzentwicklung bekommt 1981 das US-amerikanische IT-Unternehmen IBM.
Bundespostminister Dr. Christian Schwarz-Schillig und Projektleiter "Bildschirmtext" beim Bundespostministerium, Eric Danke während einer Pressekonferenz auf der Internationalen Funkausstellung (IFA) Berlin (01.09.1983) von City-Press, (Herausgeber)Museum für Kommunikation Nürnberg, Museumsstiftung Post und Telekommunikation
Nach den ersten erfolgreichen Feldversuchen wird 1981 entschieden, dass BTX im Herbst 1983 offiziell bundesweit eingeführt werden soll.
Am 1. September 1983 eröffnet Bundespostminister Dr. Christian Schwarz-Schilling auf der IFA in Berlin durch einen symbolischen Knopfdruck den BTX-Dienst.
BTX-Modem "DBT-03 Modem" für den Zugriff auf das BTX-Netz der Bundespost (ca. 1987) von Deutsche Bundespost, VertriebMuseum für Kommunikation Nürnberg, Museumsstiftung Post und Telekommunikation
Die Bundespost sorgt für den Anschluss an das BTX-Netz, da man den Dienst zu Anfang nur mit einem Modem des Unternehmens nutzen kann. Auf die Seiteninhalte hat die Post jedoch keinen Einfluss.
BTX-Seite "Einwahl" (ca. 1984)Museum für Kommunikation Nürnberg, Museumsstiftung Post und Telekommunikation
BTX - Fernsehempfänger "MCT 26" (1984) von Loewe Opta GmbH (1964 - 1999)Museum für Kommunikation Nürnberg, Museumsstiftung Post und Telekommunikation
Zunächst wird BTX über einen Fernsehapparat nutzbar. An viele Geräte können aber auch Tastatur und Drucker angeschlossen werden.
BTX - Decoder Platine für Fernsehempfänger MCT 26 (1984) von Loewe Opta GmbH (1964 - 1999)Museum für Kommunikation Nürnberg, Museumsstiftung Post und Telekommunikation
Infrarot Fernbedienung für BTX-Fernsehempfänger MCT 26 (1984) von Loewe Opta GmbH (1964 - 1999)Museum für Kommunikation Nürnberg, Museumsstiftung Post und Telekommunikation
BTX - Tastatur "TBT 03" für Fernsehempfänger MCT 26 (ca. 1984) von Loewe Opta GmbH (1964 - 1999)Museum für Kommunikation Nürnberg, Museumsstiftung Post und Telekommunikation
BTX - Farbdrucker "PBT 03" für Fernsehempfänger MCT 26 (ca. 1984) von Loewe Opta GmbH (1964 - 1999)Museum für Kommunikation Nürnberg, Museumsstiftung Post und Telekommunikation
BTX-Seite "Bildschirmtext Gesamtübersicht" (ca. 1984)Museum für Kommunikation Nürnberg, Museumsstiftung Post und Telekommunikation
BTX bietet viele Möglichkeiten: Börsenkurse können beobachtet, der Kontostand abgerufen und die nächste Reise gebucht werden. Der CEPT-Standard erlaubt außerdem viele Darstellungsmöglichkeiten.
Plakat "BTX ist da!" (1984) von Lintas Werbeagentur; Deutsche BundespostMuseum für Kommunikation Nürnberg, Museumsstiftung Post und Telekommunikation
Obwohl BTX-Geräte teuer in der Anschaffung sind, verspricht sich die Post großen Erfolg von dem neuen Online-Dienst.
Den schlechten Benutzerzahlen versucht sie mit Werbemaßnahmen entgegenzuwirken.
Multifunktionales Telefon "Bitel T 3210" (1986) von Siemens AGMuseum für Kommunikation Nürnberg, Museumsstiftung Post und Telekommunikation
Die Einführung der MultiTels ist ein weiterer Versuch die Nutzerzahlen zu erhöhen. Die Geräte bieten nämlich die Möglichkeit BTX und Telefonie gleichzeitig zu nutzen und können auch gemietet werden.
Mit der Einführung des Personalcomputers Anfang der 1990er erlebt BTX einen Aufschwung in Deutschland, denn mit einem entsprechenden Decoder-Modul kann BTX nun auch von einem PC aus genutzt werden.
Öffentliches BTX-Terminal (1986) von Standard Elektrik Lorenz AG (SEL) (1958 - 1993), Luigi Colani (Designer)Museum für Kommunikation Nürnberg, Museumsstiftung Post und Telekommunikation
Zu Beginn stellt die Bundespost öffentliche BTX-Terminals als Werbemaßnahme auf.
Sie sind vor allem in Banken zu finden, denn das Online-Banking über BTX wird viel genutzt.
Die Umbenennung des Systems in „Datex-J“ und die Fokussierung auf den privaten Nutzer in den 1990ern können den Untergang des Online-Dienstes nicht verhindern. 2001 wird BTX in der BRD abgeschaltet.
Faktoren für das „Scheitern“ sind die kostspieligen Geräte und die hohen Nutzungsgebühren. Das französische Pendant „Téletél“ wird allerdings ein Erfolg, weil die Geräte von der französischen Post verschenkt werden.
Bildschirmtext. Das Netz vor dem Internet
Eine virtuelle Ausstellung der Museumsstiftung Post und Telekommunikation.
Kuratorin: Elke Schimanski
Alle Objekte aus dem Bestand der Museumsstiftung Post und Telekommunikation.
www.museumsstiftung.de
Quellen:
Bahr, Heinz: Bildschirmtext ist für alle da. Heidelberg 1988.
Bildschirmtext magazin für tele leser, Heft 2, 1980.
BTX Praxis 1983.
BTX Praxis Mai 1985.
BTX Praxis Januar 1987.
Danke, Eric: Die Entstehung eines neuen Mediums. BTX und die Anfänge der Online-Kommunikation. in Losse, Vera/Oestereich, Christopher(Hg.): Immer wieder Neues. Wie verändern Erfindungen die Kommunikation?. Heidelberg 2002, S.45-54.
Eisenbeis, Manfred/Henrich, Andreas/Marschall, Michael: Programm Mosaik 2. Handbuch für die Gestaltung von Bildschirmtext. Nürnberg 1985.
Hyner, Dirk/Schneider, Volker H.: Innovation ohne Diffusion?, in Losse, Vera/Oestereich, Christopher(Hg.): Immer wieder Neues. Wie verändern Erfindungen die Kommunikation?, S.135-S.140.
Schneider, Volker: Technikentwicklung zwischen Politik und Markt: Der Fall Bildschirmtext. Frankfurt/Main 1989.
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