Garten der Lüste – Liebeskunst in der Antike

Die Griechen, Etrusker und Römer hatten ein unverkrampftes Verhältnis zur Sexualität. Nicht nur die Kunst, sondern alle Bereiche des Lebens waren davon durchdrungen. Ob privat oder öffentlich, beim Trinkgelage, bei sportlichen Wettkämpfen oder im Heiligtum – überall war das Sexuelle ein selbstverständlicher Teil des Lebens.

Torso der Venus (Römische Kopie des 2. Jhs. n. Chr.) von UnbekanntAltes Museum, Staatliche Museen zu Berlin

Die Göttin Aphrodite

Die griechische Göttin der Liebe war Aphrodite. Ihr Sohn Eros verwundete mit seinen liebesverlangenden Pfeilen Götter und Menschen. Eine berühmte Darstellung der Liebesgöttin ist die Aphrodite von Knidos der Bildhauers Praxiteles aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. Sie ist die erste nackte Großplastik einer Frau in der Antike. Schriftsteller rühmten noch Jahrhunderte später ihre sinnliche Ausstrahlung. Die Skulptur wurde unzählige Male kopiert und abgewandelt. Diese römische Kopie geht auf den späthellenistischen Typus der „Venus Medici“ zurück.

Kylix, Zecher und Hetäre (ca. 510 v.Chr.) von Thalia-MalerAltes Museum, Staatliche Museen zu Berlin

Rausch und Sinneslust

Diese Gefäße dienten als Tafelgeschirr beim Symposion, dem festlichen Gelage. Die Bilder auf den Trinkschalen, Bechern und Weinmischgefäßen zeigen erotische Szenen. Dargestellt sind etwa mythische Wesen aus dem Umkreis des Gottes Dionysos, wie Satyrn, Mänaden, Nymphen.

Lekythos, Satyrn und Mänaden, Unbekannt, Spätes 6. – spätes 5. Jh. v. Chr., Aus der Sammlung von: Altes Museum, Staatliche Museen zu Berlin
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Lekythos, Satyr und Nymphe, Unbekannt, Spätes 6. – spätes 5. Jh. v. Chr., Aus der Sammlung von: Altes Museum, Staatliche Museen zu Berlin
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Kylix, Zecher und Hetäre (ca. 510 v.Chr.) von Thalia-MalerAltes Museum, Staatliche Museen zu Berlin

Gezeigt werden auch die Menschen, die diese Gefäße beim Symposion benutzten. Es sind Männer verschiedener Altersstufen und Hetären, professionelle ‚Liebesdienerinnen‘.

Kylix, Jüngling und Mädchen (520 – 510 v. Chr.) von Kuss-MalerAltes Museum, Staatliche Museen zu Berlin

Zwei Fragmente einer Trinkschale: Symplegma Männer und Hetären (510–500 v. Chr.) von UnbekanntAltes Museum, Staatliche Museen zu Berlin

Homo- und heterosexuelle Aktivitäten stehen fast gleichwertig nebeneinander, beide wurden um 500 v. Chr. besonders drastisch ins Bild gesetzt. In der Realität galten hingegen strenge gesellschaftliche Normen.

Kleiner Glockenkrater: Symplegma auf Symposion-Kline, Unbekannt, Spätes 6. – spätes 5. Jh. v. Chr., Aus der Sammlung von: Altes Museum, Staatliche Museen zu Berlin
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Weißgrundiger Schöpfbecher (Kyathos), Mädchen auf Phallos-Vogel, Unbekannt, um 510 v. Chr., Aus der Sammlung von: Altes Museum, Staatliche Museen zu Berlin
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Fragment eines Wasserbeckens (1st century AD) von UnbekanntAltes Museum, Staatliche Museen zu Berlin

Satyr und Nymphe

Diese Szene befindet sich auf dem Fragment eines Wasserbeckens: Ein sexuell erregter Satyr springt von einem Felssitz auf und versucht, einer Nymphe den Mantel vom Unterkörper zu ziehen.

Diese wehrt sich, dennoch sind Oberkörper und Gesäß bereits entblößt.

Relief-Lagynos mit Liebespaaren (1st – 3rd cent. AD) von UnbekanntAltes Museum, Staatliche Museen zu Berlin

Keramik mit erotischem Relief

Bereits in archaischer Zeit kannten die Griechen reliefverzierte Keramik. Im Hellenismus und in der römischen Kaiserzeit waren Gattungen sehr beliebt, die mit Stempeln oder Negativformen hergestellt wurden, wie etwa die Terra Sigillata. Auch erotische Themen tauchten hier auf.

Form für Arretinische Reliefschüssel (20. Jahrhundert) von UnbekanntAltes Museum, Staatliche Museen zu Berlin

Die große Nachfrage nach Antiken mit erotischen Bildthemen führte im 19. Jahrhundert zu vielen Nachahmungen und Fälschungen, von denen auch die Berliner Museen einige erwarben. Diese Formschüssel, zum Beispiel, wurde bei naturwissenschaftlichen Analysen als Fälschung erkannt.

Stempel, Arretinische Reliefschüssel (20. Jahrhundert) von UnbekanntAltes Museum, Staatliche Museen zu Berlin

Auch dieses Objekt ist eine neuzeitliche Nachahmung. Solche Stempel wurden in der Antike, wie die vorangehende Formschüssel, als Negativ-Form bei der Produktion von Reliefkeramik verwendet.

Wa(h)re Liebe? (-430) von UnbekanntAltes Museum, Staatliche Museen zu Berlin

Jüngling und Hetäre

Die kleine Kanne mit ihrem noch kleineren bildlichen Dekor zählt zu den bekanntesten Stücken im Repertoire der griechischen Kunstwerke erotischen oder explizit sexuellen Inhalts. In keinem Handbuch zur Sexualität in der griechischen Antike fehlt die Darstellung der intimen Begegnung des sitzenden Jünglings mit der jungen Frau. Sie ist wohl eine Hetäre, also eine professionelle „Liebesdienerin”.

Weinkanne des Schuwalow-Malers: Eine erotische Miniatur (Detail) (um 430 v. Chr.) von Schuwalow-MalerAltes Museum, Staatliche Museen zu Berlin

Eng in seinen Lehnstuhl gedrückt, die Arme an der Sitzfläche festgeklammert, die aneinander gepressten Beine mit dem auf die Knie gerutschten Gewand lang ausgestreckt, ist der junge Mann bereit zum Vollzug des Liebesakts mit seiner vollständig nackten Gefährtin. Die in langen Locken auf Schläfen und Hals herabfallenden Haare kennzeichnen den Sitzenden unmissverständlich als Jüngling, der offenbar seine ersten sexuellen Erfahrungen im Kontext eines Symposions oder eines Bordellbesuchs sammelt.

Die Initiative geht eindeutig von der Frau aus. Aufgrund gesellschaftlicher Normen und Konventionen kann es sich bei dieser nicht um eine ehrbare Bürgerin, sondern eben nur um eine Prostituierte handeln. Dagegen spricht auch nicht die innige Note, die durch die leichte Berührung der Köpfe und durch den Blickkontakt gegeben ist.

Liebespaar (5.Jh.v.–1.Jh.n.Chr.) von UnbekanntAltes Museum, Staatliche Museen zu Berlin

Leidenschaft in Terrakotta

Statuetten von Menschen, Göttern und mythischen Wesen aus Ton finden sich in beinahe allen antiken Kontexten: in Häusern, Heiligtümern und auf Gräbern. Ebenso universal ist ihre Verwendung als Weihegaben, Grabbeigaben, Spielzeug und häusliche Ausstattungsgegenstände. Kleine Kunstwerke mit erotischem oder sexuellem Inhalt stammen häufig aus der Sphäre des Dionysos und des Theaters, insbesondere der Komödie. Auch als Weihegaben an die Liebesgöttin Aphrodite sind sie gängig.

Vorbild für die Brautnacht (ca. 490 v.Chr.) von UnbekanntAltes Museum, Staatliche Museen zu Berlin

Hier ist höchstwahrscheinlich eine Braut auf dem Brautbett dargestellt. Die weibliche Figur liegt in aufreizender Haltung, bei der das rechte Bein so angewinkelt ist, dass der Körper mit der Schampartie geradezu zur Schau gestellt wird. Sie trägt eine Brautkrone auf dem Kopf und ist nur mit einem roten Schleiertuch bekleidet. Dieses bedeckt als schmaler Streifen die Brüste und reicht bis auf Höhe der Hüften. Ihre kaum verhüllte Nacktheit verweist auf die Brautnacht und die Fähigkeit, Kinder zu gebären.

Ähnliche Tonfiguren von nackten liegenden Mädchen – allerdings aus dem späten 5. Jahrhundert v. Chr. – lagen in den Gräbern von Kindern und jungen Mädchen im Athener Kerameikos. Es ist wahrscheinlich, dass sie Beigaben mit ins Jenseits bekamen, die sie bei der Hochzeit benötigt hätten, wenn sie sie denn erlebt hätten. Viele der Terrakottentypen in diesen Gräbern stellen das Mädchen als Braut dar.

Aus Schriftquellen ist bekannt, dass ein Mädchen vor der Hochzeit der Artemis Spielsachen und Mädchenfiguren weihte – letztere als Abbild seiner selbst. Damit bat es um eine glückliche und vor allem fruchtbare Ehe.

Relief: Leda und der Schwan (1. Jh. v. Chr.) von UnbekanntAltes Museum, Staatliche Museen zu Berlin

Leda und der Schwan

Zahlreiche griechische Mythen handeln von Verführung und Begierde und wurden auch bildlich dargestellt. Allein die Legenden um Zeus, der sich bei Gelegenheit in ein Tier verwandelt, um sich in erotische Abenteuer zu stürzen, füllen Bände. Die bekanntesten waren Europa und der Stier oder Leda mit dem Schwan. Ein solches Relief von Leda ist hier zu sehen.

Dargestellt ist die bekannte Episode aus dem griechischen Mythos: Zeus vereinigt sich mit Leda in Gestalt eines Schwans. Aus dieser Verbindung werden die schöne Helena und die Dioskuren hervorgehen. Rechts der geflügelte Eros, links hinter Leda ein Altar, die ganze Szene gerahmt von zwei Bäumen.

Venus und Adonis (Pompejanische Wandmalereien in Zeichnungen von Wilhelm Zahn) (1836) von Wilhelm ZahnAltes Museum, Staatliche Museen zu Berlin

Sinnliche Wandmalereien

Der Maler und Kunstforscher Wilhelm Zahn (1800-1871) fertigte während seiner Italien-Reisen 1824/1836 exakte Kopien römischer Wandmalereien aus Pompeji und Herculaneum in Paustechnik an. Die Durchzeichnungen kolorierte er dann und publizierte sie in Editionen, die seinerzeit weite Verbreitung erfuhren.

Parisurteil (Pompejanische Wandmalereien in Zeichnungen von Wilhelm Zahn), Wilhelm Zahn, Um 1825, Aus der Sammlung von: Altes Museum, Staatliche Museen zu Berlin
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Satyr und Mänade (Pompejanische Wandmalereien in Zeichnungen von Wilhelm Zahn), Wilhelm Zahn, Um 1825, Aus der Sammlung von: Altes Museum, Staatliche Museen zu Berlin
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Venus und Mars (Pompejanische Wandmalereien in Zeichnungen von Wilhelm Zahn), Wilhelm Zahn, Um 1825, Aus der Sammlung von: Altes Museum, Staatliche Museen zu Berlin
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Schwebende bacchische Gruppe (Pompejanische Wandmalereien in Zeichnungen von Wilhelm Zahn), Wilhelm Zahn, Um 1825, Aus der Sammlung von: Altes Museum, Staatliche Museen zu Berlin
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Satyr und Hermaphrodit (100/200) von UnbekanntAltes Museum, Staatliche Museen zu Berlin

Satyr und Hermaphrodit

Auch in den Gärten der römischen Villen standen erotische Skulpturen wie diese Marmorgruppe. Sie vereint zwei ungleiche Gestalten in einem kuriosen, erst auf den zweiten Blick zu entschlüsselnden Geschehen.

Die kleinere, muskulöse Gestalt links ist ein Satyr – oberhalb des Gesäßes ist noch das Satyrschwänzchen erhalten. Der Satyr hat sich der rechten Figur, die er für eine Nymphe oder Mänade hält, in erotischem Begehren genähert. Wie der Betrachter der Gruppe wird auch der Satyr erst auf den zweiten Blick der zwitterhaften Natur seines Gegenübers gewahr.

Die sitzende, größere Gestalt rechts wird durch weibliche Brüste und männliches Genital als Hermaphrodit gekennzeichnet. Der Hermaphrodit seinerseits reagiert auf die Avancen, indem er den Satyrn fest in einer Beinklammer hält und versucht, ihn zu sich heranzuziehen. Der Satyr wehrt sich heftig dagegen, die Drehung des Oberkörpers verdeutlicht seine Anstrengungen, sich aus der Klammer zu lösen. Der Ausgang des Ringens ist völlig offen, in dieser Momentaufnahme hat keiner der beiden die Oberhand.

Dargeboten wird ein Spiel von Anziehung und Abstoßung, von Lust, Überraschung und Schrecken, das in einem labilen Gleichgewicht stecken geblieben ist.

Glocken und Glücksbringer (1st – 3rd cent. AD) von UnbekanntAltes Museum, Staatliche Museen zu Berlin

Phallus-Amulette

Der Phallus galt bei den Römern als Symbol für Fruchtbarkeit und Glück, er bot Schutz vor Übel und beschützte Häuser, Personen und Tiere. Entsprechend vielfältig waren die Verwendungskontexte und Gestaltungsformen phallusförmiger Kleinbronzen aus der römischen Kaiserzeit. Sie wurden als Glücksbringer um den Hals getragen, konnten aber auch am Geschirr eines Pferdes befestigt werden.

Phallus-Amulette gibt es in unterschiedlichsten Formen. Zum Beispiel hier als einfache Genitalien.

Es gibt auch Phalli in Kombination mit Stierköpfen und anderen erotischen Symbolen.

Wie auch Glieder zusammen mit der sog. fica – einer Hand, bei der der Daumen zwischen Zeige- und Mittelfinger durchgestreckt wird, um den Sexualakt anzudeuten.

Tintinnabulum (1st – 3rd cent. AD) von UnbekanntAltes Museum, Staatliche Museen zu Berlin

Eine Sonderform der phallischen Amulette sind die Glocken (tintinnabula). Diese Objekte erreichten im Vergleich zu den kleineren Glücksbringern, die oft nur wenige Zentimeter messen, sehr viel größere Dimensionen: Exemplare mit einer Länge bis zu 23 cm und einer Höhe bis zu 27 cm sind bekannt! In der Berliner Sammlung sind nur wenige tintinnabula vorhanden. Dieses hier – allerdings ohne Glocken erhalten – besitzt Löwenhinterläufe, Flügel sowie zwei zusätzliche Phalli.

„Berliner Hermaphrodit“ (Um 120 – 140 n. Chr.) von UnbekanntAltes Museum, Staatliche Museen zu Berlin

Ein Hermaphrodit

Die stark ergänzte Statue stellt Hermaphroditos, einen Zwitter mit weiblichen Brüsten und männlichen Geschlechtsteilen dar. Mythischer Sohn von Hermes und Aphrodite, verkörpert er das Prinzip der Instabilität sexueller Identität und intersexuelle Schönheit. Auf dem Kopf trägt er die Mithra, ein Frauen-Kopftuch.

Die Altertumswissenschaften machten lange Zeit einen Bogen um erotische und sexuelle Themen. Heute sind sie ein selbstverständlicher Forschungsgegenstand unter verschiedenen Gesichtspunkten wie Sozialgeschichte, Körperbegriff und Geschlechterrollen.

Mitwirkende: Geschichte

Texte basierend auf: Die Antikensammlung. Altes Museum, Neues Museum, Pergamonmuseum. Auswahl der ausgestellten Werke. Hrsg. von Agnes Schwarzmaier, Andreas Scholl und Martin Maischberger, Staatliche Museen zu Berlin, Verlag Philipp von Zabern, 2016 (übersetzte und überarbeitete Fassung der 4. Auflage 2012).

Konzept und Redaktion: Lisa Janke

© Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz

www.smb.museum
Altes Museum

Quelle: Alle Medien
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