Joos. Die (Un)endlichkeit von Vijd

Joos Vijd (ca. 1360-1439) ist der dritte Sohn von Clais Vijd und Amelberga Van der Elst, einem vornehmen Ehepaar aus der politischen Elite von Beveren.

Joos Vijd sollte später in seinem Leben den Gebrüdern Van Eyck den Auftrag erteilen, das berühmteste Gemälde aller Zeiten zu schaffen: Die Anbetung des Lamm Gottes.

Aber wer war Joos Vijd eigentlich? In dieser Ausstellung lernen Sie ihn besser kennen!

Joos Vijd wird rund 1360 in der Wasserburg Singelberg geboren, dem politischen und militärischen Haupt-quartier der Herrschaft Beveren. Sie liegt strategisch an der Schelde, der Grenze zwischen Flandern und Brabant.

Der Vater von Joos - Clais - schwingt das Zepter auf Singelberg und in Beveren. Er ist Burgvogt und somit der politische, rechtliche und finanzielle Vertreter des Grafen von Flandern, der gleichzeitig Herr von Beveren ist.

Wo im Mittelalter der eindrucksvolle Singelbergkomplex stand, bleibt heute nur mehr ein mysteriöser Torfhügel, umgeben von einer Gracht.

Clais Vijd leitet auch den Torfabbau im sumpfigen Norden des "Land van Beveren". Torf ist für die florierenden Gewerbe in Gent und Antwerpen eine wichtige Energiequelle. Der Torfhandel ist somit ein besonders einträgliches Geschäft.

Die Mutter von Joos ist Amelberga Van der Elst, Tochter einer tonan-gebenden Familie aus Melsele.
Gemeinsam mit Clais bekommt sie mindestens fünf Kinder. Drei Söhne - Clais der Junge, Christoffel und Joos - sowie zwei Töchter: Elisabeth und Mabelie.

Clais und Amelberga stiften im Jahr 1378 eine Kapelle in der Sint-Martinskirche von Beveren. Sie erhalten hierfür die päpstliche Zustimmung von Urban VI.

Im selben Jahr 1378 verliert Urban VI viel von seinem Ansehen. Clemens VII, der gewählte französische Gegenpapst, lässt sich in Avignon nieder und bekämpft Urban VI in Rom. Dies führt zur westlichen Kirchenspaltung.

Joos Vijd wächst in einer wohlhabenden Familie auf, die an der Spitze der Grafschaft Flandern steht. Seine Eltern erweitern ihr Ansehen und ihren Einfluss allmählich auch über die Grenzen hinweg.

Im Jahr 1379 bricht in Flandern ein blutiger Krieg aus. Die Genter Bevölkerung lehnt sich gegen die gräfliche Macht auf und führt in kurzer Zeit eine allgemeine Rebellion herbei. Clais Vijd steht unerschütterlich an der Seite des Grafen. Ab den ersten Scharmützeln lässt er Singelberg mit zusätzlichen Mann-schaften, Geschütz und Waffen verstärken. Er kontrolliert auch die Schifffahrt auf der Schelde zwischen Antwerpen und Mechelen.

Die Treue von Clais lohnt sich: Clais und Christoffel, die ältesten Söhne, werden zum Ritter geschlagen und in den Adelsstand erhoben.

Die älteste Tochter Elisabeth Vijd heiratet den Edelmann Joos Triest, Vogt des "Land van Waas" und später der Herrschaft "Vier Ambachten". Clais Junior wird einige Jahre später Vogt des "Land van Waas". Die Zukunft lacht den Kindern von Clais und Amelberga zu.

Im Jahr 1390 wird alles anders. Philipp der Kühne, Herzog von Burgund, tritt die Nachfolge seines Schwiegervaters als Graf von Flandern an. Er lässt unverzüglich die Konten der gräflichen Vertreter kontrollieren. Ein jahrelanger Betrug von Clais Vijd kommt ans Licht. Er wird seiner Funktionen enthoben, bekommt eine hohe Strafe und wird gezwungen, Singelberg und das "Land van Beveren" zu verlassen.

Clais und Amelberga übersiedeln in ihr Haus in Gent. Clais ist weiterhin erfolgreich im Handel von Torf, Tuch und Eisen tätig. Clais der Junge stirbt im Dezember 1390. Auch Joos und seine jüngere Schwester Mabelie ziehen nach Gent um.

Joos heiratet kurz nach seiner Ankunft in Gent Elisabeth Borluut. Sie ist die Tochter einer der ältesten und führenden Familien mit einer langen politischen Tradition in Gent. Dies ist für Joos der Anfang einer blühenden politischen Karriere: er wird Mitglied des Genter Bürgertums, Beigeordneter und Diplomat sowie Bürgermeister. Das Ehepaar Vijd-Borluut gehört der Elite von Gent an.

Mittlerweile ist auch Vater Clais keineswegs untätig. 1397 erwirbt er die Herrschaft Pamel und Ledeberg, was ihm persönlich den Adelstitel einbringt, den er schon lange anstrebt. Die Familie Vijd ist ein vollwertiges Adelsgeschlecht.
Joos erbt nach seinem Tod als einziger lebender Sohn die Herrschaft und den Adelstitel.

1414 bekommt Joos Vijd von Herzog Johann, dem Unerschrockenen die Zulassung, das überschwemmte Gebiet in Melsele, Kallo und Verrebroek erneut einzudeichen. Joos tut dies gemeinsam mit Investoren aus Gent und aus der Umgebung des Herzogs.

1416 vergibt Joos Vijd die Eindeichungsarbeiten am Melselepolder an Geraard Brissinc und Ritter Daneel Vilain, Besitzer des Hofs ter Welle.

Joos Vijd selbst besitzt in Beveren das Landgut Te Walle, das er zu einer modernen Wasserburg umbauen lässt. Sie ist uns heute als märchenhaftes Schloss Cortewalle bekannt.

Ist dieser Gebäudekomplex auf der mittleren Tafel des Genter Altars das Schloss Cortewalle? Diese Zeichnung ging bei der Restaurierung des Genter Altars verloren. Das bedeutet, dass diese erst später übermalt wurde, möglicherweise in Auftrag von Antoon Triest, Bischof von Gent, Erbe der Familie Vijd und im Schloss Cortewalle geboren.

Das Lehnsgut "Hof ter Saksen" ist Eigentum von Jan Vijd, dem ältesten unehelichen Sohn von Christoffel. Joos hat ein gutes Verhältnis mit Jan, der zwischen 1426 und 1431 zum Vogt des "Land van Beveren" aufsteigt.

Selbst haben Joos und Elisabeth keine Kinder und somit keine Erben für den Adelstitel und ihr enormes Vermögen.
Ist dies der Grund, warum Joos und Elisabeth rund 1420 beschließen, eine eigene Kapelle in der wichtigsten Kirche von Gent einzurichten, der Sint-Jans-Kirche (später die St.-Bavo-Kathedrale)?

Am 6. Mai 1432, dem Fest von Johannes dem Täufer, präsentieren Joos Vijd und Elisabeth Borluut in der St.-Jans-Kirche in Gent "Die Anbetung des Lamm Gottes". Am selben Tag wird Joos, der zweite Sohn von Philipp dem Guten und seiner Gattin Isabella von Portugal in derselben Kirche getauft. Für Joos und Elisabeth ist dies eine große Ehre.

Die letzten Jahre ihres Lebens widmen Joos Vijd und Elisabeth Borluut ihren spirituellen Lebenswerken: der bestehenden Vijd-Kapelle in der Genter St.-Jans-Kirche und der Gründung eines Kranken- oder Gotteshauses in der Heimat Beveren. Die ersten diesbezüglichen Ideen haben sie möglicherweise bereits im Jahr 1414, aber deren tatsächliche Ausführung erfolgt erst nach dem Tod von Joos und Elisabeth durch deren Erben.

Das Beveren von heute wurde von Joos Vijd und seiner Familie gestaltet. Einwohner und Touristen genießen noch heute seine Realisierungen. Die Schlösser, die Kirchen und die Polder sind die immerwährenden Hinterlassenschaften von Joos Vijd für Beveren!