Was geschah in Pergamon?

Zur Entstehung und Ausgrabung des Pergamonaltars

Der Pergamonaltar ist weltberühmt und gehört zu den bekanntesten Monumenten auf der Berliner Museumsinsel. Doch woher kommt dieses 2000 Jahre alte Bauwerk? Wie ist es entstanden und wer hat es gefunden? Kurz, was geschah in Pergamon?

Akropolis von Pergamon (1882) von Thiersch, Friedrich vonPergamonmuseum, Staatliche Museen zu Berlin

Ein Rückblick

Die antike Bergfestung Pergamon liegt in der nordwestlichen Küstenregion Kleinasiens gegenüber der Insel Lesbos. Der 330 Meter hohe Burgberg beherrscht die Flussebene des Kaikos (Bakırçay). Politische Bedeutung erhielt Pergamon unter den Nachfolgern Alexanders des Großen, den Attaliden.

Überlebensgroßer Porträtkopf eines pergamenischen Königs, Attalos I. oder Eumenes II.? (1. Drittel 2. Jh.v.Chr.) von UnbekanntPergamonmuseum, Staatliche Museen zu Berlin

Die glorreiche Zeit der Attaliden begann mit dem Regierungsantritt Attalos I. (241 v. Chr.). Dieser besiegte 241 v. Chr. die in Kleinasien marodierenden Kelten. Damit schützte er Pergamon und trug auch zur Sicherung der Region bei. Als Anerkennung nahm er den Königstitel an. Unter seinen Söhnen Eumenes II. (197-159 v. Ch.) und Attalos II. (159-138 v. Ch.) entwickelte sich die Dynastie der Attaliden zu einer der mächtigsten der hellenistischen Welt: Sie gewannen zahlreiche Kriege und demonstrierten ihre Größe in einer glanzvollen Residenzstadt.

Akropolis von Pergamon (1882) von Thiersch, Friedrich vonPergamonmuseum, Staatliche Museen zu Berlin

Das bedeutendste und weithin sichtbare Monument dieser neuen Metropole ließ König Eumenes II. um 170 v. Ch. errichten: den Pergamonaltar – eine Kultstätte mit Opferaltar auf der Terrasse unterhalb des Athena-Heiligtums.

Das Besondere daran: Der Altar war nicht Teil eines Tempels, sondern ein selbständiges Monument, bei dem alte klassische und neue hellenistische Architekturelemente miteinander verknüpft wurden.

In etwas mehr als über 20 Jahren entstand so ein für die Antike einzigartiger Altarbau, der in seinem architektonischen und künstlerischen Reichtum seinesgleichen sucht. Schon seine Grundfläche war mit 1200 Quadratmetern von beeindruckender Größe. Den Sockel schmückte ein einzigartiger umlaufender zweieinhalb Meter hoher Fries.

Der Nordfries des Pergamonaltars: Eine Moire ("Nyx") im Gigantenkampf (2. Viertel 2. Jh. v. Chr.) von UnbekanntPergamonmuseum, Staatliche Museen zu Berlin

Auch bekannt als Gigantenfries oder Großer Fries, gilt er als Meisterwerk der hellenistischen Bildhauerkunst – mit plastischer Wirkung und barocker Dynamik.

Der Nordfries des Pergamonaltars: Gorgone (»Löwengöttin«) und Poseidongegner (2. Viertel 2. Jh. v. Chr.) von UnbekanntPergamonmuseum, Staatliche Museen zu Berlin

Auf den großformatigen Hochreliefs sind dramatische Szenen der Gigantomachie dargestellt.

Der Ostfries des Pergamonaltars: Athenagruppe (2. Viertel 2. Jh. v. Chr.) von UnbekanntPergamonmuseum, Staatliche Museen zu Berlin

In der mythischen Gigantenschlacht stehen die Götter als Garanten einer gerechten Ordnung den erdgeborenen Giganten als Sinnbild chaotisch wirkender Naturkräfte gegenüber. Hier besiegt Zeus-Tochter Athena mit Hilfe eines Schlangenbisses den Giganten Alkyoneus.

Pergamon (Rückseite) (193-211 n. Chr. Römische Kaiserzeit)Bode-Museum, Staatliche Museen zu Berlin

Aus der Zeit des Kaisers Septimius Severus (193-211 n. Chr.) ist eine pergamenische
Bronzemünze erhalten, deren Rückseite die Westfront des Altars wiedergibt.

Hier findet sich auch die einzige bildliche Darstellung des heute zerstörten, sicher höchst beeindruckenden Monumentalaltars für Zeus und Athena. Phlegon von Tralleis (Hofbeamter des römischen Kaisers Hadrian) zählte den Altar gar zu den Weltwundern der Architektur.

Bis heute ist die Forschung nicht sicher, wie genau das einstige reiche Pergamon seine Herrlichkeit und der Pergamonaltar seine Pracht verloren.

In frühbyzantinischer Zeit (7. bis 8. Jh.) wurde der Altar zusammen mit anderen Bauten der pergamenischen Akropolis zerstört, um Material für eine mächtige Befestigungsmauer unterhalb der Burg zu gewinnen. Vermutlich wurde die Mauer gebaut, um sich vor den einfallenden Arabern zu schützen.

Grabungstagebuch aus Pergamon von Carl Humann (1880) von Humann, CarlPergamonmuseum, Staatliche Museen zu Berlin

Die Ausgrabung

„Wo aber stand der Zeus-Altar, den zu suchen ich gekommen war?“ Carl Humann, 1880

Blick auf die Akropolis von Pergamon (1879) von Christian WilbergKupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin

Im Winter 1864/65 reiste der deutsche Bauingenieur Carl Humann zum ersten Mal nach Pergamon. Für mögliche Straßenbauprojekte wollte er die Fläche um Bergama erkunden und vermessen.

Pergamon. Türkenmauer der Akropolis (1888) von Humann, CarlPergamonmuseum, Staatliche Museen zu Berlin

Tief beeindruckt notierte er in sein Tagebuch:

„Nun gings zur Burg. […] Oberhalb der westlichen Stützmauern betrat ich den Trümmerhügel, den man den Tempel der Athena Polias hat nennen wollen. Traurig stand ich da und sah die herrlichen fast mannshohen korinthischen Capitäle, die reichen Basen und anderen Bauglieder, alles um- und überwuchert von Gestrüpp und wilden Feigen. Daneben rauchte der Kalkofen, in dem jeder Mamorblock, welcher dem schweren Hammer nachgab, zerkleinert wanderte. […] Das also war übrig geblieben von dem stolzen uneinnehmbaren Herrschersitz der Attaliden!“

Gruppenbild von Ausgräbern in Pergamon (1879) von UnbekanntPergamonmuseum, Staatliche Museen zu Berlin

Schnell war Humann (2. von links) klar, welche kulturellen Werte da unwiederbringlich verloren gingen. Mit Hartnäckigkeit gelang es ihm, die Berliner Museen zu einer Ausgrabung und Bergung der Überreste zu interessieren.

1878, 13 Jahre nach Humanns erstem Besuch in Bergama, wurde begonnen. Mit dabei: der Direktor des damaligen Skulpturenmuseums Alexander Conze und der Architekt Richard Bohn.

Fundament des Pergamonaltares von Norden nach der Freilegung (1879) von Humann, CarlPergamonmuseum, Staatliche Museen zu Berlin

Bis 1886 wurde der größte Teil des Burgberges freigelegt. Darunter das Gymnasion, das Theater, das Athena-Heiligtum, der Markt und der Trajanstempel. Zum Wertvollsten aber zählten die Ausgräber den großen Altar.

Auf dem Burgberg selbst waren nur noch seine Fundamente vorhanden.

"Byzantinische Mauer, Fundort der Reliefs" (1879) von Christian WilbergKupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin

Verbaut in der spätantiken Verteidigungsmauer fanden sich allerdings noch eine Vielzahl der kostbaren Friesplatten und dazu etliche weitere Fragmente, die so geschützt die Jahrhunderte überdauert hatten.

Ausgrabungsplatz in Pergamon (1879) von Christian WilbergKupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin

Carl Humann bemerkte dazu: „Wir haben nicht ein Dutzend Reliefs sondern eine ganze Kunstepoche, die begraben und vergessen war, aufgefunden.“

Transport der Reliefplatten (1879) von Christian WilbergKupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin

In Absprache mit der osmanischen Regierung durften die deutschen Ausgräber Teile der Funde aus dem Land führen. Ihr besonderes Interesse galt den Friesplatten, deren Transport außerordentlich schwierig war. Humann ließ am Grabungsplatz solide Kisten und Schlitten bauen und diese von Büffeln in Serpentinen den Burgberg hinunterschleifen. Per Schiff und Eisenbahn wurden die Fundstücke nach Berlin gebracht.

30 Jahre später reflektierte Alexander Conze den Abtransport der ganzen Friese: „Wir sind nicht fühllos dagegen gewesen, was es heißt, die Reste eines großen Denkmals seinem Mutterboden zu entreißen zu uns hin, wo wir ihnen das Licht und die Umgebung nie wieder bieten können, in die hinein sie geschaffen wurden, und in denen sie einst voll wirkten. Aber wir haben sie der immer vollständigeren Zerstörung entrissen...“

Auch nach der spektakulären Ausgrabung des Altars wurde weiter in Pergamon geforscht, um wissenschaftliche Erkenntnisse über die antike Stadt und das weltberühmte Bauwerk zu gewinnen. Geforscht wird in Pergamon auch heute noch…

Mitwirkende: Geschichte

Text: Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz

Konzept / Redaktion: Astrid Alexander
Übersetzung: Catherine Hales, Stephan Schmidt

© Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz

www.smb.museum
Pergamonmuseum

Quelle: Alle Medien
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