Klimts Damenporträts

Gustav Klimt war zweifellos der Maler der Frauen

Gustav Klimt (c. 1910) von Moriz NährÖsterreichische Nationalbibliothek

Wie kaum ein anderer Künstler huldigte er in seinen Werken der weiblichen Schönheit und rückte die Attraktivität der Dargestellten stets ins Zentrum seiner Bildschöpfungen. Bezeichnend ist, dass Klimt nur höchst selten Männerbildnisse geschaffen hat. Zudem entstanden die wenigen männlichen Porträts ausschließlich in der ganz frühen Schaffenszeit des Künstlers. Somit porträtierte Klimt nahezu ausschließlich Frauen.

Serena Pulitzer Lederer (1867–1943) (1899) von Gustav KlimtThe Metropolitan Museum of Art

Bei den Damenporträts variieren Klimts Gestaltungsmöglichkeiten in Dichte und Raschheit, wie dies etwa bei den allegorischen Darstellungen oder bei den Landschaften in seinem Œuvre nicht der Fall ist. In jedem Bildnis suchte der Meister nach neuen Ideen. Keine Komposition gleicht der anderen. Jedes einzelne Porträt wurde von einer Vielzahl von Bleistiftstudien begleitet, mit deren Hilfe sich Klimt die ihm perfekt erscheinende Körperhaltung und oft auch einzelne Details, etwa die Handhaltungen, erarbeitete. Sofern sich diese Studien erhalten haben, ermöglichen sie, das Ringen Klimts um die bestmögliche Komposition eines Bildnisses nachzuvollziehen.

Etwas nach links Stehende, mit gebeugtem rechtem Arm (Studie für das Bildnis "Serena Lederer") (1898-1899) von Gustav KlimtAlbertina Museum

Diese Vorgangsweise zeigt, wie gewissenhaft sich Klimt mit jedem seiner Porträts auseinandergesetzt hat. Die Anfertigung eines Porträts erstreckte sich stets über einen langen Zeitraum, manchmal sogar über Jahre. Dabei malte Klimt immer vor dem realen Modell. Klimts Bildnisse besitzen eine juwelengleiche Kostbarkeit, sie verbinden eine idealtypische Komposition mit höchster malerischer Raffinesse.

Ludwig Wittgenstein, Paul Wittgenstein, Margarete Wittgenstein, Helene Wittgenstein, Hermine Wittgenstein von Johann HorváthÖsterreichische Nationalbibliothek

Die Auftraggeber

Die Auftraggeber von Klimts Porträts zählten zur wohlhabenden bürgerlichen Gesellschaftsschicht der Stadt Wien. Manche gehörten zu den Reichsten des Landes, etwa die Familien Wittgenstein, Bloch-Bauer, Lederer und Primavesi. Es waren Familien, die häufig einen jüdischen Hintergrund aufwiesen und ihren Reichtum unter anderem im Banken- und Industriesektor erworben hatten. Einige, wie etwa Ferdinand und Adele Bloch-Bauer oder August und Serena Lederer, besaßen gleich mehrere Gemälde des Meisters.

Klimt sah sich mit einer hohen Nachfrage nach Bildnissen aus seiner Hand konfrontiert, war aber durchaus wählerisch, was die Annahme der Aufträge betraf. So hätte er wesentlich mehr Aufträge annehmen können, als er tatsächlich ausgeführt hat. Für Klimt war zweifellos die Sorgfalt bei der Arbeit wichtiger, als möglichst viele Bilder zu malen.

Karl Wittgenstein (1908) von Ferdinand SchmutzerÖsterreichische Nationalbibliothek

Was kostete ein Porträt von Klimt?

Für den großen Aufwand, den Klimt bei der Arbeit an seinen Damenbildnissen betrieb, waren die Auftraggeber aber auch bereit, ein Vielfaches von dem auszugeben, was andere Maler für Porträts verlangen konnten. So bezahlte Karl Wittgenstein, der beim Meister 1905 das Porträt seiner Tochter Margarethe in Auftrag gegeben hatte, 10.000 Kronen.

Margarethe Wittgenstein (1903) von Ferdinand SchmutzerÖsterreichische Nationalbibliothek

Dies war eine gewaltige Summe, wenn man bedenkt, dass sich der durchschnittliche Verdienst, etwa das Einkommen eines Volksschullehrers, auf nur rund 1.200 Kronen für ein ganzes Jahr belief. Und um 40.000 Kronen konnte man damals zum Beispiel eine stattliche Villa im Salzkammergut erwerben, die gesamte Einrichtung bereits inbegriffen. Klimt zählte somit zu den bestverdienenden Künstlern seiner Zeit.

Bildnis einer unbekannten Dame (Frau Heymann?) (c. 1894) von Gustav KlimtWien Museum

Frühe Damenporträts

Die frühen Bildnisse, die Klimt in den 1880er- und 1890er-Jahren geschaffen hat, kennzeichnet ein hoher Grad an Realismus. Tatsächlich lehnte sich Klimt damals in der Gestaltung an den Effekt von Porträtfotografien an. Diese Tendenz zu einem ausgeprägten Realismus in der Darstellung steigerte der junge Künstler in den frühen 1890er-Jahren zu einer nahezu fotorealistischen Gestaltungweise. Beispiele dafür sind etwa das Mädchenbildnis des Wiener Leopold Museums oder das Damenbildnis aus dem Wien Museum, das mit dem Porträt von Frau Heymann identifiziert wird. 

Dame am Kamin (1897/1898) von Gustav KlimtBelvedere

Kurze Zeit später gab Klimt jedoch diese miniaturhafte, fotorealistische Technik auf und wendete sich einer Gestaltungweise zu, die Merkmale impressionistischer Malerei aufweist. Konturen sind oft nur vage angedeutet, die Gesichter der Dargestellten treten wie verschwommen aus einer dämmrigen Atmosphäre heraus, die Gestalten scheinen mit dem Hintergrund zu verschmelzen. 

Sonja Knips (1897/1898) von Gustav KlimtBelvedere

Ein herausragendes Beispiel für Klimts neuartigen Stil ist zweifellos das 1897/98 entstandene Bildnis der Sonja Knips, das sich im Belvedere in Wien befindet. Neben der malerisch raffinierten, weichen Gestaltung des rosafarbenen Seidenkleids fasziniert der rätselhafte Blick, mit dem die Dargestellte die Betrachtenden anblickt.

Portrait of Hermine Gallia (1904) von Gustav KlimtThe National Gallery, London

Stofflich-sinnliche Reize

Kurze Zeit später entwickelte Klimt seinen Porträtstil weiter, indem er neben der atmosphärischen Wirkung die stofflichen Qualitäten der Garderoben der Damen noch deutlicher hervorhob. Mit viel Liebe widmete er sich der Wiedergabe der aufwändig gearbeiteten Kleider und schenkte etwa Details wie Rüschen und Bändern aus Seidenstoff besondere Aufmerksamkeit. 

Zugleich reicherte Klimt die Kompositionen punktuell mit zeichenhaft wirkenden Dekorelementen an. So findet sich etwa im Bildnis der Hermine Gallia ein dezentes geometrisches Muster auf dem Teppich. 

Porträt Emilie Flöge (1902) von Gustav KlimtWien Museum

Im Bildnis von Klimts enger Gefährtin Emilie Flöge bemächtigt sich das Dekor des gesamten, am Körper auffallend eng anliegenden Kleides, und auch der Kopfschmuck wird in ein exotisch wirkendes Gebilde verwandelt. Dadurch verwandelt der Meister die Figur der Dame in eine schmale, fischähnliche Gestalt. 

Emilie Flöge in einem von Gustav Klimt entworfenen Kleid (1909) von Madame d'Ora, AtelierÖsterreichische Nationalbibliothek

Gerade in diesem Porträt seiner für ihn so wichtigen Partnerin rückte Klimt den impressionistischen Charakter seiner früheren Bildnisse erstmals in den Hintergrund und ersetzte diesen durch eine auffallende Stilisierung der Formen.

Margaret Stonborough-Wittgenstein (1905) von Gustav KlimtOriginalquelle: Neue Pinakothek

Ornamentale Bildnisse

Auf die sfumatoartig gestalteten Bildnisse aus den Jahren um 1900 folgten spätestens ab 1905 Porträts, die, anders als die früheren Werke, mit präzisen Konturen überraschen. Die visuelle Schärfe und Klarheit dieser Darstellungen wird zudem dadurch verstärkt, dass vor allem die Hintergründe häufig scharfkantige geometrische Motive aufweisen. In großer Vielfalt finden sich hier Quadrate, Wellenlinien oder Spiralen, etwa als Gestaltungselemente für Sitzgelegenheiten, Einrichtungsgegenstände und Hintergrund. 

Fritza Riedler (1906) von Gustav KlimtBelvedere

Im Bildnis der Fritza Riedler etwa kontrastieren die auffälligen geometrischen Muster des Fauteuils und der Wandgliederung besonders reizvoll mit der außerordentlich realistischen Wiedergabe der Porträtierten. 

Adele Bloch-Bauer I (1903/1907) von Gustav KlimtNeue Galerie New York

Ein Höhepunkt dieser Ambivalenz von geometrisch-abstrahierenden Flächenelementen und auffallend realistischer Personendarstellung findet sich im berühmten Bildnis der Adele Bloch-Bauer. Hier wird nicht nur der Hintergrund, sondern auch das Kleid von einem reichen geometrischen Dekor überzogen. Der exzeptionelle Einsatz von echtem Blattgold, das sowohl das Kleid als auch den Fauteuil und den Hintergrund des Bildes ziert, verleiht in dieser üppigen Fülle einen geradezu magischen, ikonenhaften Charakter. 

Portrait of Friedericke Maria Beer (1916) von Gustav KlimtTel Aviv Museum of Art

Blumendekor und asiatische Motive in den späten Damenporträts

In den Damenporträts, die Klimt in den Jahren nach 1910 malte, finden sich so wie bereits in den früheren Porträts Dekorelemente in reichem Ausmaß. Ihre Gestaltung änderte sich allerdings insofern, als Klimt in seinen späten Schaffensjahren nicht mehr geometrisches Design verwendete, sondern organisch wirkende Elemente als Dekorformen bevorzugte. Vor allem Blumenmotive finden sich häufig als Muster für die Kleider und die tapetenartig gestalteten Hintergründe. 

Mäda Primavesi (1903–2000) (1912/1913) von Gustav KlimtThe Metropolitan Museum of Art

Zusätzlich tauchen als Dekorelemente verstärkt figurale Motive aus der asiatischen Kunst auf. Klimt wurde dazu durch die von ihm sehr geschätzten und auch gesammelten chinesischen und japanischen Textilien und Wandbilder inspiriert. So finden sich im Bildnis von Mäda Primavesi auf dem Teppich verschiedene Tierdarstellungen, die gleichfalls von asiatischen Motiven beeinflusst sind.

Auffällig ist das Standmotiv des damals neun- bis zehnjährigen Mädchens, das die Beine weit gegrätscht und die Arme hinter dem Rücken verschränkt hat.

Stehendes Mädchen im Mantel (Studie für das Bildnis "Mäda Primavesi") (1912-1913) von Gustav KlimtAlbertina Museum

Eine Reihe von Vorzeichnungen zum Gemälde macht deutlich, wie sich Klimt erst allmählich für die endgültige Position des Mädchens entschieden hat.

Amalie Zuckerkandl (1917/1918) von Gustav KlimtBelvedere

Kurze Zeit später, um 1913/14, begann Klimt, das Bildnis von Amalie Zuckerkandl zu malen. Doch mit dem Ausbruch des Kriegs und den sich daraus ergebenden Pflichten für den Gatten der Dargestellten, den Chirurgen und Urologen Dr. Otto Zuckerkandl, wurden auch die Porträtsitzungen eingestellt. 

So blieb das Werk im Bereich des Kleides und des Hintergrunds unausgeführt, doch an einigen Stellen deutete Klimt an, dass er dafür Blumenmotive vorgesehen hatte.

Sitzende Frau (Amalie Zuckerkandel) (1917) von Gustav KlimtOriginalquelle: Galerie St. Etienne

Einige vorbereitende Studien für das Bildnis von Amalie Zuckerkandl, die noch erhalten geblieben sind, zeigen den Weg, der Klimt zur endgültigen Position der Dargestellten geführt hat. Die im Gemälde realisierte Version zeigt die größte Symmetrie und Strenge in der Komposition der Porträtierten. 

Die Freundinnen nach Gustav Klimt, Tafel 1, Gustav Klimt - Die Nachlese (1931) von Gustav KlimtMAK – Museum für angewandte Kunst

Anonyme FrauenbiIdnisse

Besonders reizvoll sind auch jene Frauenbildnisse Klimts, die der Meister ohne konkreten Werkauftrag geschaffen hat. Hier genoss der Maler offensichtlich die Freiheit, nicht von den Erwartungen der Auftraggeber eingeschränkt zu sein, und konnte seinem persönlichen Ideal weiblicher Schönheit uneingeschränkt Gestalt verleihen. Leider ist in den meisten Fällen die Identität der dargestellten Person nicht bekannt, häufig handelte es sich um Modelle, die dem Meister auch für Aktstudien zur Verfügung standen.

Mutter mit zwei Kindern (Familie) (1909/1910) von Gustav KlimtBelvedere

Rätsel bezüglich der Identität gibt auch das 1909 entstandene Gemälde „Familie“ auf, das sich in der Sammlung des Belvedere in Wien befindet. Möglicherweise stammte die junge Frau, die Klimt gemeinsam mit ihren beiden Kindern zeigt, aus dem unmittelbaren persönlichen Umfeld des Meisters. Mit einigen seiner Modelle hatte Klimt bekanntlich auch selbst Kinder.

Mitwirkende: Geschichte

Text: Österreichische Galerie Belvedere / Franz Smola

© Österreichische Galerie Belvedere

www.belvedere.at

Quelle: Alle Medien
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