Wie wird man Erfinder?

Editorial Feature

Von Google Arts & Culture

Mary Ann Horton with UUENCODE Email Attachment

Zwei Erfinder im Gespräch über ihre Arbeit

Wenn man als Erfinder erfolgreich sein will, braucht man vor allem gutes Timing und etwas Glück – der Rest ist schwer zu sagen. Natürlich muss die richtige Gelegenheit gegeben sein. Eine weitere Voraussetzung sind verschiedene Fähigkeiten zur Problemlösung und eine besondere Persönlichkeit. Nur dann erfinden Menschen Dinge, die die Welt verändern können.

Im Folgenden sprechen zwei Erfinder über ihre Erlebnisse und über das, was sie gelernt haben. Außerdem erläutern sie die Herangehensweise an ihre Arbeit. Der Beruf Erfinder ist für viele ein unerreichbarer Traum. In unseren Geschichten werden Sie aber bemerken, dass Mary Ann Horton und Jane ní Dhulchaointigh auch nur Menschen sind und selbst heute noch immer wieder Neues lernen.

Mary Ann Horton


Die in Kalifornien lebende Erfinderin und Informatikerin Mary Ann Horton gehört zu den Pionieren des Usenet und Internets. Zu ihren zahlreichen Erfolgen zählt das von ihr in den 1980er Jahren entwickelte erste Tool für E-Mail-Anhänge. Horton engagiert sich außerdem als Transgender-Fürsprecherin und -Aktivistin und arbeitet aktuell als Beraterin für Transgender-Fragen am Arbeitsplatz sowie im Bereich der UNIX- und Internettechnologie. Im Folgenden spricht sie über das, was sie im Laufe der Jahre gelernt hat.

Etwas zu "erfinden" bedeutet für mich, ein aktuell nicht befriedigtes Bedürfnis zu erkennen und eine Lösung dafür zu finden.

Am Anfang jedes neuen Projekts steht ein Problem: "Ich möchte X machen. Wie geht das?" Es wird ein Designproblem. Sobald ich die Vision habe, erstelle ich einen Prototyp. Manchmal ist das ganz einfach. Ich suche bei Google danach und eventuell hat es schon jemand entwickelt und man kann es kaufen. Es kommt aber auch vor, dass es ein Produkt gibt, das die Anforderungen nur zum Teil erfüllt. Das ist auch gut. Auf den Schultern anderer kann man mehr erreichen, als wenn man ihnen auf die Füße tritt.

Mary Ann Horton mit ihrer Erfindung, dem UUENCODE-E-Mail-Anhang

Manchmal entwickle ich ein Programm, das niemand verwenden möchte, nicht mal ich selbst. Das Schreiben macht trotzdem Spaß, aber ich gebe mir dann irgendwann keine Mühe mehr. Als Studentin in Berkeley gefiel mir einmal der "more"-Befehl meines Klassenkameraden Eric Schienbrood nicht, also schrieb ich ihn über Nacht um. Eric war gekränkt und mir wurde klar, dass ich eine Grenze überschritten hatte. Ich warf meine Version also weg und seine wurde weiter verwendet. Ich habe gelernt, mit anderen zusammenzuarbeiten, anstatt alles allein zu tun.

Es kam vor, dass ich ein Programm oder ein Dokument geschrieben und dann meine Arbeit versehentlich gelöscht habe. Das schmerzt natürlich, da mir meine Arbeit sehr am Herzen liegt. Aber ich habe gelernt, wenn ich mich sofort wieder daranmache, wird das nächste Ergebnis noch besser.

Ein Erfinder braucht zum Entwurf einer Lösung Ideen und eine Vision. Man benötigt ein breites Spektrum an Fähigkeiten, um eine Lösung zu entwerfen. Außerdem ist Erfahrung im Umgang mit diesen Fähigkeiten nötig. Nur so erkennt man, was funktioniert und was nicht. Es lässt sich viel Zeit sparen, wenn mögliche Probleme bereits im Vorfeld erkannt werden.

Natürlich braucht man auch Ausdauer. Es kann lange dauern, bis ein Projekt fertiggestellt ist. Schon Thomas Edison sagte: "Erfinden besteht zu 1 % aus Inspiration und zu 99 % aus Transpiration." Einige dieser Fähigkeiten sind erlernbar. Andere kommen mit der Erfahrung. Aber Kreativität und Ideenfindung – das ist nicht erlernbar.

Ich habe noch nie eine Stellenausschreibung für den Beruf "Erfinder" gesehen. Die Mitarbeiter eines Unternehmens tragen dazu bei, dass es seine geschäftlichen Ziele erreicht. Das nimmt die meiste Zeit in Anspruch. Hin und wieder springt aber ein kreativer Funke über und es ergibt sich die Chance, etwas Neues zu erfinden.

Mein Rat an angehende Erfinder wäre, sich weiterzubilden und eine Reihe nützlicher Fähigkeiten zu erlernen. Suchen Sie nach Gelegenheiten und lernen Sie, diese zu erkennen. Es ist hilfreich, wenn man sich für ein Feld entscheidet, das der Welt nützt und einem selbst Spaß macht.

Jane ní Dhulchaointigh


Jane ní Dhulchaointigh ist eine irische Künstlerin und Erfinderin. 2018 gewann sie mit ihrem Produkt Sugru den Europäischen Erfinderpreis für KMUs, einen formbaren Kleber, der vom Time Magazine als eine der besten Erfindungen der Welt bezeichnet wurde. Hier spricht die Erfinderin darüber, was sie bei ihrer Arbeit inspiriert.

Als Kind stellte ich mir einen Erfinder als weltfremden und leicht verrückten Wissenschaftler vor. So habe ich mich selbst nie gesehen! Niemals hätte ich gedacht, dass ich einmal Erfinderin werde. Jetzt trage ich diesen Titel mit Stolz. Für mich bedeutet es, die Fantasie und den Mut aufzubringen, die Ist-Situation zu hinterfragen, indem man von anderen Lösungen träumt.

Wenn ich ein neues Projekt beginne, muss ich zuerst mein Gehirn "füttern", aber auch – und das mag jetzt kitschig klingen – mein Herz und meine Seele. Energie und Inspiration erhalte ich vor allem, wenn ich über andere kreative Menschen lese, bei meiner Recherche und beim Durchsehen von Büchern. Auf diese Phase folgen erste grobe Zeichnungen. Ich sammle Ideen, die sich zu einer kleinen Vision formen.

Jane ni Dhulchaointigh Founder of Sugru

Porträt von Jane ní Dhulchaointigh

Natürlich funktionieren die meisten Ideen nicht. Bei der Entwicklung von Sugru wollte ich jahrelang erreichen, dass der Kleber von Menschen jeden Alters – also auch von Kindern – verwendet werden kann. Die Originalformel entsprach aber nicht den sehr strengen Vorschriften für Spielzeug. Wir brauchten mehrere Jahre, bis wir endlich die Lösung für dieses Problem fanden. Letztes Jahr haben wir eine neue familienfreundliche und extra hautfreundliche Sugru-Formel auf den Markt gebracht. Was ich dabei gelernt habe? Manchmal muss man Kompromisse eingehen und einsehen, dass es keine optimale Lösung gibt. Man kann ja dennoch weiter an der idealen Formel arbeiten. Es ist nur eine Frage der Zeit.

Als Erfinder sollte man sich seine kindliche Ursprünglichkeit und Vorstellungskraft bewahren. Am Wichtigsten ist es aber, optimistisch und begeisterungsfähig zu sein. Je mehr man erlebt und je älter man wird, umso mehr können diese Fähigkeiten abnehmen. Ich hoffe daher, dass ich auch in Zukunft im Herzen jung bleibe.

Den größten Teil meiner Arbeit verbringe ich mit der Kommunikation bei der Zusammenarbeit mit anderen. Das Erfinden nimmt nur einen sehr kleinen Bereich meiner Arbeit ein. Meistens geht es darum, den Menschen zu helfen, das Produkt zu verstehen, es anzuwenden und mehr Personen damit zu erreichen.

"Fange klein an und leiste ganze Arbeit" war ein Ratschlag, der mir in den ersten Tagen gut weitergeholfen hat. Und vertraue deinem Instinkt. Am Anfang ist es wichtig, Ratschläge und Hilfe anzunehmen. Manchmal wird eine Sache aber auch erst richtig gut, wenn man auf sein Bauchgefühl hört und danach handelt.

Quelle: Alle Medien
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