A portrait of pioneering fossil hunter Mary Anning (1799-1847)The Natural History Museum
Als Mary Anning aufwuchs, regierte König George III, Großbritannien führte Krieg gegen Napoleons Armee und Jane Austen schrieb ihren Roman "Verstand und Gefühl".
Die Familie zählte zu den religiösen Abweichlern und war sehr arm. Von neun oder zehn Kindern erreichten nur Mary und ihr älterer Bruder Joseph das Erwachsenenalter.
Das ist ihr treuer Begleiter Tray.
Jurassic ammonites von The Natural History MuseumThe Natural History Museum
Marys Vater Richard Anning war Tischler und ein Hobby-Fossiliensammler. Er brachte ihr bei, wo sie am Strand Fossilien finden konnte und wie man diese reinigt. Die Funde präsentierte und verkaufte er oft in seinem Laden.
Nach Richard Annings plötzlichem Tod im Jahr 1810 ermutigte Marys Mutter Molly sie, mit ihren Fossilienfunden zur Tilgung der Schulden der Familie beizutragen.
Icthyosaur (1811) von Mary Anning/Joseph AnningThe Natural History Museum
Vermutlich im Jahr 1811 fand ihr Bruder diesen versteinerten Schädel. Die zwölfjährige Mary suchte nach dem Rest und legte sorgfältig die Umrisse des 5,2 Meter langen Skeletts frei.
Wissenschaftler dachten zuerst, es sei ein Krokodil. Zu dieser Zeit gingen die meisten Menschen davon aus, dass die ausgegrabenen Wesen deswegen unbekannt seien, weil sie inzwischen nur noch in fernen Ländern lebten.
Georges Cuvier, der heutzutage als Begründer der Paläontologie gilt, hatte erst kurz zuvor seine Theorie über das Aussterben von Tierarten aufgestellt. Charles Darwins "Über die Entstehung der Arten" (On the Origin of Species) wurde erst 48 Jahre später veröffentlicht.
A drawing of a plesiosaur by Mary AnningThe Natural History Museum
1823 entdeckte Mary Anning das erste vollständige Skelett eines Plesiosauriers, was "Fast-Echse" bedeutet. Der Fund war so ungewöhnlich und die Nachricht verbreitete sich so schnell, dass es bald Gerüchte gab, das Fossil sei eine Fälschung.
Sogar Georges Cuvier zweifelte die Echtheit des Fundes an. In der Geological Society of London wurde eine Sondersitzung einberufen, zu der Mary Anning allerdings nicht eingeladen wurde. Nach langen Diskussionen gestand Cuvier seinen Fehler ein.
Sketches of skulls by Mary AnningThe Natural History Museum
Wie viele Frauen und Mädchen in Lyme Regis zu dieser Zeit erhielt auch Mary Anning kaum Schulbildung. Sie konnte aber lesen und lernte im Selbststudium Geologie und Anatomie. Außerdem traf sie berühmte Wissenschaftler und Sammler, mit denen sie sich austauschte.
Sketches of teeth by Mary AnningThe Natural History Museum
Obwohl sie bald bekannt dafür war, Fossilien zu finden und zu bestimmen, zögerte die Wissenschaftswelt, ihre Arbeit anzuerkennen.
Viele Wissenschaftler übergingen sie in Fachberichten und selbst im Zusammenhang mit ihrer bahnbrechenden Entdeckung eines Ichthyosauriers wurde ihr Name kaum genannt.
Die Geological Society of London lehnte ihre Aufnahme ab. Frauen wurden erst 1904 zugelassen.
Dimorphodon macronyxThe Natural History Museum
1828 fand Mary Anning eine seltsame Ansammlung von Knochen, darunter ein langer Schwanz – und Flügel. Wieder verbreitete sich die Nachricht über ihren Fund in Windeseile. Wissenschaftler von London bis Paris stellten Theorien zu dieser "unbekannten Art der seltensten und ungewöhnlichsten aller Reptilien" auf.
Sie hatte die ersten Überreste eines Dimorphodon gefunden. Es war der erste Pterosaurier (Flugsaurier), der außerhalb von Deutschland gefunden wurde. Der Name Pterodactylus wurde erst später eingeführt.
Im Gegensatz zu den Ichthyosauriern und Plesiosauriern hatten Pterosaurier Flügel. Sie galten als die größten flugfähigen Lebewesen.
The Zoological gallery of the British MuseumThe Natural History Museum
Mary Anning grub nach und nach zahlreiche weitere Fossilien aus. Sie verkaufte auch weiterhin viele ihrer Funde, die zunehmend die Öffentlichkeit für Geologie und Paläontologie begeisterten. Fossilienausstellungen im ganzen Land fanden regen Zulauf, sodass selbst große Museen die Nachfrage kaum erfüllen konnten.
Duria Antiquior - A More Ancient Dorset by Sir Henry Thomas De la BecheThe Natural History Museum
Ihre Entdeckungen inspirierten den berühmten Geologen Henry de la Bèche 1830 zu dem Gemälde "Duria Antiquior – A More Ancient Dorset". Er verkaufte Kopien seines Werks, um seine verarmte Kindheitsfreundin Mary Anning finanziell zu unterstützen.
"Duria Antiquior" – mit Ichthyosaurier, Plesiosaurier und Pterosaurier – ist die erste bildliche Darstellung prähistorischer Lebewesen, die auf Fossilienfunden beruht.
Diese Kunstform wird seither Paläo-Kunst genannt. Sie hilft den Menschen, sich das Leben auf der Erde vor Millionen von Jahren besser vorzustellen.
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Mary Anning starb 1847 an Brustkrebs und wurde in Lyme Regis beerdigt. Sie wurde nur 47 Jahre alt und hatte trotz ihrer zahlreichen außergewöhnlichen Ausgrabungen in verarmten Verhältnissen gelebt.
A specimen of a young ichthyosaurThe Natural History Museum
Im Natural History Museum in London sind mehrere der beeindruckenden Funde von Mary Anning ausgestellt, darunter auch ihr Ichthyosaurier, Plesiosaurier und Pterosaurier. Wie schon vor zweihundert Jahren faszinieren ihre Fossilien auch heute noch Besucher aus aller Welt.
Scientists at the Jurassic CoastThe Natural History Museum
An der zerklüfteten Jurassic Coast, einem UNESCO-Weltkulturerbe, wird Mary Annings Arbeit fortgesetzt. Hier sind auch heute noch Wissenschaftler, Amateure und abenteuerlustige Kinder das ganze Jahr über auf der Jagd nach dem nächsten großen Fossilienfund.
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