Für die ersten in Ahrenshoop ansässigen Maler war das sichtbare Erscheinungsbild der Landschaft im natürlichen Himmelslicht zentrales künstlerisches Thema. Die folgende, vom Ersten Weltkrieg gezeichnete Generation konnte daran nur noch bedingt anknüpfen. Zwar suchte auch sie die Natur, doch ging es ihr dabei um ein anders gerichtetes philosophisches Verständnis.
Der in Ostpreußen geborene Alfred Partikel kam von der Landschaft im Geist der Berliner Secession vor dem Ersten Weltkrieg. In Ahrenshoop fand er nach seiner Heirat mit Dorothea Körte, einer Verwandten Martin Körtes aus der ersten Generation der Künstlerkolonie, 1921 seinen sommerlichen Arbeitsstützpunkt mit ländlicher Anbindung. Diese Konstellation prägte sein Schaffen lebenslang. Partikel, der den Krieg mit einer schweren Gehörschädigung überstanden hatte, war zunächst nach Berlin zurückgekehrt und hatte die seit 1911 geknüpften Verbindungen zur dortigen Avantgarde wieder aufgenommen. Regelmäßig beteiligte er sich an den Ausstellungen der Secession. Seine farbintensiven, empfindsamen Bilder sprechen schon um 1920 von der Sehnsucht nach Heilung in der künstlerischen Suche nach dem verlorenen Paradies. Die „Landschaft mit Regenbogen“ wirkt in diesem Kontext wie ein Jubelbild. Partikel malte es aus Anlass seiner 1922 in Ahrenshoop zur Welt gekommenen Tochter Barbara, dem ersten von drei Kindern des Künstlers. Er griff dabei auf altmeisterliche Bildtradition und eine christliche Symbolik zurück. Wie eine Madonna thront Dorothea Partikel vor dem Hintergrund der weiten, panoramaartigen Boddenlandschaft. Das Kind liegt vor ihr auf dem Boden. Mit den Armen beschreibt sie in der Vertikalen und Horizontalen des Raumes einen magischen Radius. Die Gebärde wirkt tänzerisch und weihevoll. Als Zeichen für den Bund mit Gott bekräftigt der Regenbogen das Sakrale der Szene. Freilich ist der weite landschaftliche Raum im Hintergrund nicht unbedingt als „Weltlandschaft“ im mittelalterlichen Sinn zu deuten, als Zitat aber enthält er das Motiv sehr wohl. Im Umfeld von Mutter und Kind ist der Ort seltsam bruchstückhaft und in expressionistischer Weise verfremdet, als ein Spiegel starker Gefühle. In der Ferne schließt sich das Bild zur homogenen Landschaft, doch ist auch diese keineswegs „real“ erfasst. Eher wirkt das Städtchen am Bodden wie eine Fata Morgana, die sich unterm Regenbogen in ein Paradies verwandelt.