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Loth und seine Töchter

Kate Diehn-Bitt (1900-1978)1955

Kunstmuseum Ahrenshoop

Kunstmuseum Ahrenshoop
Ostseebad Ahrenshoop, Deutschland

Die Rostocker Malerin Kate Diehn-Bitt unterhielt schon seit den 1930er Jahren Beziehungen zu Künstlerinnen und Künstlern auf dem Fischland, darunter Hertha von Guttenberg, mit der sie 1935 in der Galerie Gurlitt in Berlin ausgestellt hatte. Wegen nicht genehmer Ausdrucksinhalte ihrer Werke war diese Ausstellung schon nach wenigen Tagen geschlossen worden. Diehn-Bitt fiel unter ein Berufsverbot, das sie fortan zur Arbeit im Verborgenen zwang. In den 1950er Jahren gestaltete sie dann vielfach Themen aus dem Alten Testament. Besonders ihre Arbeiten zur Josephslegende machen deutlich, wie sehr sie damals eigene Erfahrungen als Künstlerin mit der Ächtung verband, die das jüdische Volk im NS-regierten Deutschland erlitten hatte. Sie war zu dieser Identifikation durch die Überzeugungskraft der familiären Konstellation gekommen, in der sie seit ihrem sechsten Lebensjahr Geborgenheit, Anregung, Liebe und vielseitige Förderung erfahren hatte. In diesem familiären Klima hatten verschiedene Religionen gleichrangig Platz: die protestantisch christliche der Mutter Elsa und die jüdische des Stiefvaters Leo Glaser. Beider Lebensbezug floss in eine liberale, allem Geistvollen gegenüber offene Haltung gegenseitiger Toleranz und Akzeptanz ein. Die Sicherheit, die der jungen Käthe aus dieser Atmosphäre zugewachsen war, ebnete ihr den Weg zu sich selbst und in eine künstlerische Existenz. Sie musste schwer erschüttert werden, als der antisemitische Wahn in Deutschland ihr Elternhaus schon ab 1928 in jene unselige und leidvolle Isolation drängte, die für so viele Schicksalsgenossen Leo Glasers mit dem Tod endete. Die parallel dazu stattfindende Verfolgung sogenannten „artfremden“ Denkens und „artfremder“ Kunst betraf die gerade am Anfang einer erfolgreichen Laufbahn stehende Malerin ab 1935 mit und besiegelte so ihre Schicksalsgemeinschaft mit dem Stiefvater. Als nach dem Ende des Infernos in der sowjetischen Besatzungszone der Feldzug gegen die moderne Kunst weiterging, schien es für die nun in ihrem fünften Lebensjahrzehnt stehende Künstlerin kaum noch Aussicht auf ein Licht am Ende des Tunnels zu geben. Nach dem Tod von Elsa Bitt hatte Leo Glaser 1948 Deutschland verlassen und war im fernen New York verstorben. Die Collage „Loth und seine Töchter“ von 1955 zeigt dieses Abschiedsmotiv deutlich. Sie beschwört – in einem expressionistischen Ausdrucksmodus – noch einmal die zukunftslose Lage Glasers. Dem Inferno entkommen, letztlich durch den Beistand der Frau, die er nun verloren hatte, als wurzelloser Überlebender angewiesen auf den Rest der Familie: die in Deutschland verbliebenen Stieftöchter. Selten passt eine biblische Metapher so auf Persönliches und repräsentiert zugleich die Geschichte einer ganzen Generation.

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  • Titel: Loth und seine Töchter
  • Ersteller: Kate Diehn-Bitt (1900-1978)
  • Datierung: 1955
  • Abmessungen: 98,5 x 80 cm
  • Typ: Gemälde
  • Rechte: Kunstmuseum Ahrenshoop und Nachlass Diehn-Bitt, alle Rechte vorbehalten
  • Material: Mischtechnik, Collage auf Sperrholz
Kunstmuseum Ahrenshoop

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