Die Statuette war einst der seitliche Arm eines kostbaren Musikinstruments, wohl einer etwa 45 cm großen, siebensaitigen Kithara. Die Frau (Höhe 14,5 cm) steht streng frontal auf dem Vorderteil einer geflügelten Sphinx mit langen, parallel gesträhnten Haaren, die oben auf dem Resonanzkasten lagerte. Sie trägt eine hohe, sich nach oben verbreiternde Haube (polos), die in einen mächtigen Schwanenhals mit angeschmiegtem Kopf übergeht; in ihm war das Querholz zur Befestigung der Saiten verankert. Das lange Gewand der Frau begleitet die Wölbungen ihrer Brüste mit parallelen Falten, die am Unterkörper schnurgerade verlaufen; der Gürtel endet in drei Quasten; über Schultern und Armen liegt ein glatter Stoff wie ein Schleier. Ihre Hände waren gesondert gearbeitet und sind verloren; vielleicht hielten sie Kanne und Schale. Das Gesicht der Frau mit ›archaischem Lächeln‹ beeindruckt durch vertiefte Brauen und Pupillen, die einst wohl durch farbige Glaseinlagen betont waren. Ihre langen Ohren sind mit Scheibenohrringen geschmückt. Das über der Stirn gescheitelte Haar ist im Nacken kunstvoll verflochten zu drei dicken Zöpfen, die bis weit in den Rücken herabfallen.
Die Gestaltung des zylindrischen Frauenkörpers mit starrer Körperhaltung und ›lächelndem‹ Gesicht, der dekorativen Oberflächen mit parallelen Gewandfalten und der kunstvollen Frisur findet ihre engsten Vergleiche in Elfenbein-Statuetten, die im Heiligtum der Artemis von Ephesos an der Westküste sowie im Tumulusgrab D in Elmalı nördlich von Antalya an der Südküste der Türkei gefunden wurden. Ihre Deutung als Darstellungen einer Gottheit – wohl der anatolischen Muttergöttin Kybele – muss auch für die Berliner Figur mit Polos, Schleier und Ohrscheiben gelten, zumal sie auf einem Fabeltier steht. Das luxuriöse Instrument, von dem sie abgebrochen ist, diente vielleicht der musikalischen Begleitung von Kultfesten. Wie die an deren Elfenbein- und Silberstatuetten gehört sie in die aus orientalischen Vorbildern schöpfende Kunst Kleinasiens. Diese Gegend erlebte zwischen dem 9. und 7. Jahrhundert v. Chr. unter hethitischer, phrygischer und dann lydischer Herrschaft einen intensiven Kulturaustausch, auch mit den griechischen Kolonisten an der Küste. Private Grabsitten oder offizielle Weihegaben in den großen Heiligtümern spiegeln diesen Umbruch, der dann im 6. Jahrhundert v. Chr. zu einer stärker ionisch geprägten Formensprache führt, wie wir sie an Weihegaben etwa aus dem Heiligtum von Samos kennen.